In der Gegend von Ussualung gibt es zwei Orte: Qerniqdjuaq und Echalugdjuaq. In jedem dieser Orte war ein großes Haus, in dem viele Familien zusammenlebten. Wenn sie im Sommer Renntiere jagten, so pflegten sie sich zusammenzugesellen, im Herbst aber kehrten sie in ihre Häuser zurück.
Einmal hatten die Leute von Qerniqdjuaq viel Erfolg, während die von Echaluqdjuaq kaum ein Tier gefangen hatten. Daher waren die letzteren sehr ärgerlich und beschlossen, die andere Partei zu töten, wollten damit aber noch bis zum Winter warten. In ziemlich vorgerückter Jahreszeit wurden dann noch viele Renntiere erlegt und aufgespeichert; mit Schlitten sollten sie dann in die Winterlager gebracht werden.
Eines Tags bereiteten sich beide Parteien zu einer Ausfahrt nach diesen Vorräten vor und die Echaluqdjuaq-Männer beschlossen, bei dieser Gelegenheit ihre Feinde umzubringen. Sie zogen mit ihren Hunden und Schlitten ab und als sie schon ziemlich über Land waren, griffen sie ihre nichtsahnenden Genossen an und töteten sie. Aus Furcht, die Frauen und Kinder der Ermordeten könnten Verdacht schöpfen, wenn die Hunde ohne ihre Herren zurückkehrten, töteten sie diese auch noch. Bald darauf kehrten sie heim und sagten sie hätten die andere Partei verloren und wüßten nicht was mit ihr geschehen sei.
Ein junger Echaluqdjuaq war der Liebhaber eines Mädchens der Qernigdjuaq und pflegte sie allnächtlich zu besuchen. Auch jetzt stellte er seine Besuche nicht ein. Er wurde von ihr freundlich aufgenommen und legte sich mit ihr schlafen.
Unter der Bank war ein kleiner Bub, der den Echaluqdjuaq kommen sah. Als alles schlief, hörte er jemand sprechen und erkannte bald, daß es die Geister der Ermordeten waren, welche ihm erzählten, was sich zugetragen und ihn baten, zur Rache den jungen Mann zu töten. Der Knabe kroch unter dem Bett hervor, nahm ein Messer und stach es dem jungen Mann in die Brust. Obwohl er ein kleiner Knabe und noch schwach war, glitt das Messer von den Rippen ab, drang tief ins Herz und tötete so den jungen Mann.
Dann weckte er die anderen Hausgenossen und erzählte ihnen, daß die Geister der Toten zu ihm gekommen, von ihrer Ermordung erzählt und ihm aufgetragen, den jungen Mann zu töten. Die Frauen und Kinder waren sehr erschrocken und wußten nicht was sie tun sollten. Schließlich beschlossen sie den Rat einer alten Frau zu befolgen und vor ihren grausamen Nachbarn zu fliehen. Da ihre Hunde getötet waren, konnten sie die Schlitten nicht verwenden. Zufällig war aber eine Hündin mit jungen Hunden im Haus und das alte Weib, welches eine große Zauberin war, befahl ihnen die jungen Hunde zu schlagen, dann würden sie schnell wachsen. So geschah es auch und in kurzer Zeit waren die Hunde groß und stark. Sie schirrten sie an und brachen so rasch als nur möglich auf. Um ihre Nachbarn zu täuschen, ließen sie alles zurück und löschten nicht einmal ihre Lichter aus, damit jene gar keinen Verdacht schöpften. Den nächsten Tag wunderten sich die Echaluqdjuaq, daß ihr Kamerad nicht zurückgekommen und gingen zur Hütte nach Qerniqdjuaq. Sie guckten durch den Fensterspalt, sahen die Lampen brennen aber niemand darin. Schließlich fanden sie den Körper des jungen Mannes, fanden die Schlittenspuren, brachten schleunigst ihre Schlitten in Ordnung und verfolgten die Flüchtlinge.
Obwohl diese sehr rasch vorwärts kamen, folgten ihnen die Verfolger noch schneller und es schien, als würden sie sie in kurzer Zeit einholen. Da sie die Rache der Verfolger fürchteten, bekamen die Flüchtigen große Angst.
Als der Schlitten der Männer näher kam und die Frauen sahen, daß es unmöglich sei zu entkommen, fragte eine junge Frau die Zauberin: "Weist du nicht, wie man das Eis zerschneiden kann?" Die Alte bejahte und zog langsam mit ihrem Zeigefinger einen Strich über das Eis, quer über den Weg der Verfolger. Das Eis gab einen lauten Krach. Noch einmal zog sie den Strich, ein Spalt öffnete sich und erweiterte sich so rasch als sie weiterzogen. Die Flut hob sich und als die Männer herankamen, konnten sie nicht über den breiten Spalt offenen Wassers. So war die eine Partei durch die Kunst ihrer Zauberin gerettet worden.