Die Ehefrau des Herrn Christoph Weitmoser war ein schönes, aber hoffärtiges und stolzes Weib. Sie behing sich gern über und über mit Schmuck und Kleinoden und war hart und karg gegen die Armen.
Einst ritt sie im vollen Glast und Pracht ihres Reichtums und ihrer Hoffart durch die Klamm, eine nach Gastein hinaufführende Bergschlucht, und war einer Fürstin gleich anzuschauen. Da saß hart am Wege ein gar armes Weib und flehte dringend um ein Almosen. Die reiche Weitmoserin blickte verächtlich von ihrem Rosse auf die Arme herab und rief: "Hinweg, freches Bettlervolk!"
"Ach", seufzte die Bettlerin: "Keiner, der heute wie du einherstolziert, weiß, ob er nicht morgen betteln muß! Heute mir, morgen dir!"
"Hahaha!" lachte die stolze Frau, indem sie ihren kostbaren Ring vom Finger zog, "eine Weitmoserin und betteln! Sowenig dieser Ring wieder zum Vorschein kommt, sowenig, du Elende, erfüllt sich jemals dein Fluch!" Und mit diesen Worten schleuderte sie den Ring in die unter dem Wege durch die Klamm rasch abstürzende dunkelgrüne Ache.
Es dauerte gar nicht lange, da ward vom Talfischer eine mächtig große Forelle in den Weitmoserhof getragen, die in der Ache gefangen worden, die wurde aufgetischt bei einem Festmahle, das Herr Christoph Weitmoser gab. Und wie man den Fisch zerschnitt, lag in seinem Bauche der kostbare Ring der Herrin.
Von da an nahmen Glück und Segen des reichen Geschlechts ein Ende. Die Stollen und Schächte stürzten ein, wurden auflässig oder wurden ersäuft von wilden Wassern; die Adern verloren sich, das reiche Geschlecht verarmte und starb endlich aus. Nur in zahllosen Sagen und einigen milden Stiftungen lebt noch das Andenken der Weitmoser fort. Selbst ihre Schlösser verfielen.
Der Weitmoserhof in Gastein mit seinem Schneckenturm steht öde, nur einige Säulen erblickt man noch und den alten Turm.
Der unterirdische Gang, welcher von da hinaufführte nach dem Schlosse zu Hundsdorf, ist verschüttet; das Schloß selbst ziert nur als malerische Trümmer die Gegend.