In der vergangenen Nacht,« das sind des Mondes eigne Worte, »glitt ich durch Indiens klare Luft und spiegelte mich im Ganges: meine Strahlen suchten durch das dichte Geflecht der alten Platanen zu dringen, das sich wie eine Schildkrötenschale wölbte. Da kam aus dem Dickicht ein Hindumädchen, leicht wie die Gazelle, schön wie Eva; es war etwas so Luftiges, und doch wieder eine so üppige Lebensfülle in dieser Tochter Indiens! Ich konnte die Gedanken durch die feine Haut sehen; die dornigen Lianen zerrissen ihre Sandalen, und doch schritt sie rasch voran; das Raubtier, das vom Flusse kam, wo es seinen Durst gelöscht, sprang scheu vorüber, denn das Mädchen hielt in der Hand eine brennende Lampe; ich konnte das frische Blut in den feinen Fingern sehen, die sie zum Schutz vor die Flamme hielt. Sie näherte sich dem Flusse, setzte die Lampe auf die Strömung und die Lampe schwamm hinab; die Flamme flackerte, als wenn sie verlöschen wollte, aber sie brannte doch, und des Mädchens schwarze, funkelnde Augen hinter den langen Seidenfransen der Wimper folgten ihr mit einem seelenvollen Blicke; sie wußte, daß, brannte die Lampe solange sie sie sehen konnte, ihr Geliebter noch lebe. Erlosch sie aber, so war er tot. Und die Lampe brannte und flackerte und ihr Herz flammte und zitterte; sie sank auf die Knie und betete; neben ihr im Grase lag die feuchtkalte Schlange; aber sie dachte nur an Brahma und ihren Bräutigam. »Er lebt!« jubelte sie und von den Bergen widerhallte es: »er lebt!