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Drittes Kapitel-4

时间:2022-12-02来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: Drittes Kapitel

Balthasar glaubte, daß der rechte Augenblick gekommen, mit seinem

Gedicht von der Liebe der Nachtigall zur Purpurrose hervorzurücken.

Er äußerte daher mit der gehörigen Verschämtheit, wie sie bei jungen

Dichtern im Brauch ist, daß er, dürfe er nicht fürchten, Überdruß und

Langeweile zu erregen, dürfe er auf gütige Nachsicht der geehrten

Versammlung hoffen, es wagen wolle, ein Gedicht, das jüngste Erzeugnis

seiner Muse, vorzulesen.

Da die Frauen schon hinlänglich über alles verhandelt, was sich Neues in der Stadt zugetragen, die Mädchen den letzten Ball bei dem Präsidenten gehörig durchgesprochen und sogar über die Normalform der neuesten Hüte einig worden, da die Männer unter zwei Stunden nicht auf weitere Speis- und Tränkung rechnen durften, so wurde Balthasar einstimmig aufgefordert, der Gesellschaft ja den herrlichen Genuß nicht vorzuenthalten.

Balthasar zog das sauber geschriebene Manuskript hervor und las.

Sein eignes Werk, das in der Tat aus wahrhaftem Dichtergemüt mit voller Kraft, mit regem Leben hervorgeströmt, begeisterte ihn mehr und mehr. Sein Vortrag, immer leidenschaftlicher steigend, verriet die innere Glut des liebenden Herzens. Er bebte vor Entzücken, als leise Seufzer - manches leise Ach - der Frauen, mancher Ausruf der Männer: "Herrlich - vortrefflich - göttlich!" ihn überzeugten, daß sein Gedicht alle hinriß.

Endlich hatte er geendet. Da riefen alle: "Welch ein Gedicht! - welche

Gedanken - welche Fantasie - was für schöne Verse - welcher Wohlklang

- Dank - Dank Ihnen, bester Herr Zinnober, für den göttlichen Genuß" -

"Was? wie?" rief Balthasar; aber niemand achtete auf ihn, sondern stürzte auf Zinnober zu, der sich auf dem Sofa blähte wie ein kleiner Puter und mit widriger Stimme schnarchte: "Bitte recht sehr - bitte recht sehr - müssen so vorlieb nehmen! - ist eine Kleinigkeit, die ich erst vorige Nacht aufschrieb in aller Eil'!" - Aber der Professor der Ästhetik schrie: "Vortrefflicher - göttlicher Zinnober! Herzensfreund, außer mir bist du der erste Dichter, den es jetzt gibt auf Erden! - Komm an meine Brust, schöne Seele!" - Damit riß er den Kleinen vom Sofa auf in die Höhe und herzte und küßte ihn. Zinnober betrug sich dabei sehr ungebärdig. Er arbeitete mit den kleinen Beinchen auf des Professors dickem Bauch herum und quäkte: "Laß mich los - laß mich los - es tut mir weh - weh - weh ich kratz' dir die Augen aus - ich beiß' dir die Nase entzwei!" - "Nein," rief der Professor, indem er den Kleinen niedersetzte auf den Sofa, "nein, holder Freund, keine zu weit getriebene Bescheidenheit!" - Mosch Terpin war nun auch vom Spieltisch herangetreten, der nahm Zinnobers Händchen, drückte es und sprach sehr ernst: "Vortrefflich, junger Mann! - nicht zuviel, nein, nicht genug sprach man mir von dem hohen Genius, der Sie beseelt." "Wer ist's," rief nun wieder der Professor der Ästhetik in voller Begeisterung aus, "wer ist's von euch Jungfrauen, der dem herrlichen Zinnober sein Gedicht, das das innigste Gefühl der reinsten Liebe ausspricht, lohnt durch einen Kuß?"

Da stand Candida auf, nahete sich, volle Glut auf den Wangen, dem Kleinen, kniete nieder und küßte ihn auf den garstigen Mund mit blauen Lippen. "Ja," schrie nun Balthasar, wie vom Wahnsinn plötzlich erfaßt, "ja, Zinnober - göttlicher Zinnober, du hast das tiefsinnige Gedicht gemacht von der Nachtigall und der Purpurrose, dir gebührt der herrliche Lohn, den du erhalten!" -

Und damit riß er den Fabian ins Nebenzimmer hinein und sprach: "Tu mir den Gefallen und schaue mich recht fest an und dann sage mir offen und ehrlich, ob ich der Student Balthasar bin oder nicht, ob du wirklich Fabian bist, ob wir in Mosch Terpins Hause sind, ob wir im Traume liegen - ob wir närrisch sind - zupfe mich an der Nase oder rüttle mich zusammen, damit ich nur erwache aus diesem verfluchten Spuk!" -

"Wie magst," erwiderte Fabian, "wie magst du dich denn nur so toll gebärden aus purer heller Eifersucht, weil Candida den Kleinen küßte. Gestehen mußt du doch selbst, daß das Gedicht, welches der Kleine vorlas, in der Tat vortrefflich war." - "Fabian," rief Balthasar mit dem Ausdruck des tiefsten Erstaunens, "was sprichst du denn?" "Nun ja," fuhr Fabian fort, "nun ja, das Gedicht des Kleinen war vortrefflich, und gegönnt hab' ich ihm Candidas Kuß. - Überhaupt scheint hinter dem seltsamen Männlein allerlei zu stecken, das mehr wert ist als eine schöne Gestalt. Aber was auch selbst seine Figur betrifft, so kommt er mir jetzt nichts weniger als so abscheulich vor wie anfangs. Beim Ablesen des Gedichts verschönerte die innere Begeisterung seine Gesichtszüge, so daß er mir oft ein anmutiger wohlgewachsener Jüngling zu sein schien, ungeachtet er doch kaum über den Tisch hervorragte. Gib deine unnütze Eifersucht auf, befreunde dich als Dichter mit dem Dichter!" 

"Was," schrie Balthasar voll Zorn, "was? - noch befreunden mit dem verfluchten Wechselbalge, den ich erwürgen möchte mit diesen Fäusten?"

"So," sprach Fabian, "so verschließest du dich denn aller Vernunft. Doch laß uns in den Saal zurückkehren, wo sich etwas Neues begeben muß, da ich laute Beifallsrufe vernehme."

Mechanisch folgte Balthasar dem Freunde in den Saal.

Als sie eintraten, stand der Professor Mosch Terpin allein in der Mitte, die Instrumente noch in der Hand, womit er irgendein physikalisches Experiment gemacht, starres Staunen im Gesicht. Die ganze Gesellschaft hatte sich um den kleinen Zinnober gesammelt, der, den Stock untergestemmt, auf den Fußspitzen dastand und mit stolzem Blick den Beifall einnahm, der ihm von allen Seiten zuströmte. Man wandte sich wieder zum Professor, der ein anderes sehr artiges Kunststückchen machte. Kaum war es fertig, als wiederum alle, den Kleinen umringend, riefen: "Herrlich - vortrefflich, lieber Herr Zinnober!" -

Endlich sprang auch Mosch Terpin zu dem Kleinen hin und rief zehnmal stärker als die übrigen: "Herrlich - vortrefflich, lieber Herr Zinnober!"

Es befand sich in der Gesellschaft der junge Fürst Gregor, der auf der Universität studierte. Der Fürst war von der anmutigsten Gestalt, die man nur sehen konnte, und dabei war sein Betragen so edel und ungezwungen, daß sich die hohe Abkunft, die Gewohnheit, sich in den vornehmsten Kreisen zu bewegen, darin deutlich aussprach.

Fürst Gregor war es nun, der gar nicht von Zinnober wich und ihn als den herrlichsten Dichter, den geschicktesten Physiker über alle Maßen lobte.

Seltsam war die Gruppe, die beide, zusammenstehend, bildeten. Gegen den herrlich gestalteten Gregor stach gar wunderlich das winzige Männlein ab, das mit hoch emporgereckter Nase sich kaum auf den dünnen Beinchen zu erhalten vermochte. Alle Blicke der Frauen waren hingerichtet, aber nicht auf den Fürsten, sondern auf den Kleinen, der, sich auf den Fußspitzen hebend, immer wieder herabsank und so hinauf und hinunter wankte wie ein Cartesianisches Teufelchen.

Der Professor Mosch Terpin trat zu Balthasar und sprach: "Was sagen Sie zu meinem Schützling, zu meinem lieben Zinnober? Viel steckt hinter dem Mann, und nun ich ihn so recht anschaue, ahne ich wohl die eigentliche Bewandtnis, die es mit ihm haben mag. Der Prediger, der ihn erzogen und mir empfohlen hat, drückt sich über seine Abkunft sehr geheimnisvoll aus. Betrachten Sie aber nur den edlen Anstand, sein vornehmes, ungezwungenes Betragen. Er ist gewiß von fürstlichem Geblüt, vielleicht gar ein Königssohn!" - In dem Augenblick wurde gemeldet, das Mahl sei angerichtet. Zinnober torkelte ungeschickt hin zur Candida, ergriff täppisch ihre Hand und führte sie nach dem Speisesaal.

In voller Wut rannte der unglückliche Balthasar durch die finstre

Nacht, durch Sturmwind und Regen fort, nach Hause.

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