Wenn dich einmal der Zufall an die finnische Küste des Baltischen Meeres führt und du in das Dörfchen Merikjarwi kommst, dann nenne beileibe nicht den Namen Awertschenko. Ich fürchte, die Finnen würden ihm nicht mit der gebührenden Achtung begegnen und vielleicht sogar zu fluchen beginnen.
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Zu Anfang wußte ich noch nichts von Merikjarwi, denn ich lebte dreißig Werst von diesem Dörfchen in dem Küstenort Kuomaki.
Ich war mit einer kleinen Segeljacht gekommen und unternahm ab und zu Fahrten auf dem Meer.
Am dritten Tage nach meiner Ankunft erfuhr ich, daß die Finnen den Platz, an dem ich gelandet war, den »Jachtklub« benannt und mich zum Präsidenten ernannt hatten. Zuerst wollte ich nichts von diesem Ehrentitel hören, aber später sagte ich mir: Warum soll ein Dichter kein Präsident sein?
Die Nachricht vom Präsidenten und seinem Jachtklub verbreitete sich rasch in der Umgebung und erreichte auch Merikjarwi. Ich selbst bin an dieser Geschichte schuldlos.
Eines Tages bekam ich folgenden Brief:
Verein für Seesport und physische
Entwicklung, Merikjarwi
Herrn Präsidenten des Jachtklubs Arkadij Awertschenko
Sehr geehrter Herr!
Zur Förderung und Entwicklung des Segelsportes schlägt der obgenannte Verein Ihrem Jachtklub vor, eine Schnelligkeitsregatta zu arrangieren. Das Ziel ist unsere Stadt Merikjarwi, der Abfahrtsort Kuomaki.
Zur Anspornung der Teilnehmer stiftet die Stadt Merikjarwi folgende Preise:
Dem ersten Segler, der in kürzester Zeit vom Startort unsere Küste erreicht, einen Ehrenpokal und eine goldene Plakette. Dem zweiten und dritten geschmackvoll ausgeführte Ehrendiplome.
Die Segelregatta findet nächsten Sonntag um 2 Uhr nachmittag ab Kuomaki statt.
Wollen Sie uns umgehend Ihr Einverständnis mitteilen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Mutonen, Präsident (m. p.).
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Ich setzte mich zum Schreibtisch und schrieb folgende Antwort:
Jachtklub Kuomaki, Finnland
Herrn Präsidenten des Vereines für Seesport und physische Entwicklung, Mutonen
Sehr geehrter Herr!
Das Präsidium des Jachtklubs Kuomaki teilt Ihnen mit, daß Ihr Vorschlag in einer Sondersitzung einstimmig angenommen wurde. Wir starten nächsten Sonntag pünktlich um 2 Uhr. Für die ausgesetzten Preise danken wir herzlich.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Awertschenko, Präsident (m. p.).
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Der nächste Sonntag brach an.
Ich frühstückte in aller Ruhe, zog mich an, setzte mich in meine kleine Segeljacht und nahm Richtung auf die unbekannte, geheimnisvolle Stadt Merikjarwi.
Das Segeln war ruhig und angenehm. Da ich mich nicht beeilen mußte, zündete ich mir eine Zigarette an und war in ausgezeichneter Stimmung.
Als ich bald darauf einen Fischkutter traf, fragte ich, ob es noch weit bis Merikjarwi sei.
»Das ist nicht weit«, antworteten die braven Fischer. »Von hier noch drei Werst.«
Tatsächlich sah ich nach zehn Minuten einen Granitfelsen, dann einen sandigen Strand, darauf eine Gruppe von Häusern, einen kleinen Hafen, einen Kai voll mit Menschen und eine mit Laub geschmückte Ehrenpforte. Ich lenkte mein Boot zum Hafen. Wenige Augenblicke später wurde ich von vielen Händen in die Höhe gehoben und geschaukelt. Die Damen warfen mir Blumen zu.
Unter der finnischen Bevölkerung, die bekanntlich sehr phlegmatisch ist, befanden sich auch einige Sommerfrischler aus Petersburg. Sie machten Wirbel und riefen:
»Hurra! Hoch Awertschenko! Es lebe der Sieger!«
Mein Herz zitterte stolz und freudig. Ich fühlte mich als Held, meine Augen glänzten.
»Wo sind die anderen?« fragte ein Sommerfrischler.
»Ich weiß nicht«, erwiderte ich unschlüssig. »Ich habe sie nicht gesehen.«
»Hurra!« riefen die Leute.
Ein Mädchen überreichte mir einen Rosenstrauß und sagte:
»Sie sind gewiß wie ein Pfeil über das Wasser geflogen!«
»O nein. Im Gegenteil . . .«
Niemand wollte mir glauben.
»Geben wir ihm sofort den Preis!« riefen die Sommerfrischler. »Wozu auf die anderen warten? Wer weiß, wann sie kommen!«
Ich versuchte zu protestieren, ich erklärte, daß dies nicht den Regeln entspreche. Aber die begeisterte Menge wollte nichts davon hören.
»Gebt ihm die goldene Plakette und den Pokal!«
Man schaute gleichzeitig auf das Meer, und da man am fernen Horizont keine weiteren Segelboote sah, kannte der Jubel der Menge keine Grenzen.
Mir wurde die Situation ein wenig peinlich. Ich rief den Präsidenten Mutonen zur Seite und sagte leise:
»Herr Präsident, ich muß fort. Ich habe zu Hause noch dringende Angelegenheiten zu erledigen.«
»Nein!« rief der Präsident und umarmte mich. »Das wäre gänzlich gegen das Sportreglement. Sie werden vor der Abfahrt bekommen, was Sie verdient haben.«
Er nahm von einem Tisch, der mit grünem Tuch bedeckt war, den Ehrenpokal und die goldene Plakette. Dann überreichte er mir beides mit folgender Ansprache:
»Herr Präsident und Sieger! In einem gesunden Körper steckt eine gesunde Seele. Sie haben dies und das. Sie sind stark, kühn und zugleich bescheiden. Ihre heutige Leistung wird nicht vergessen werden, denn Sie haben das stürmische Meer bezwungen. Sie waren der Erste. Diese bescheidenen Gaben sollen den Sportgeist in Ihnen erhalten. Hurra! Hurra! Hurra!«
Ich nahm die Preise, steckte sie ein und dachte:
Wie dem auch sei – ich bin der Erste gewesen. Und wenn ich nun einmal als Erster das Ziel erreicht habe, so gebührt mir der Preis. Ich könnte ja auch den zweiten und dritten beanspruchen, aber – Gott mit ihnen!
Von Hurra- und Hochrufen begleitet, sprang ich in mein Boot, hißte die Segel und flog wie ein Pfeil davon. Die Sportsleute von Merikjarwi setzten sich auf den Landungssteg und warteten auf meine Konkurrenten. Sie schauten begierig auf das große, breite Meer.
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Wenn jemand von euch Lesern einmal an die baltische Küste kommt, in das Städtchen Merikjarwi gerät und dort beim Hafen am Landungssteg auf Menschen stößt, die noch immer auf die anderen Segelboote warten, so soll er ihnen sagen, daß sie ruhig nach Hause gehen und sich mit ihren Geschäften befassen können.
Wozu unnütz dasitzen und warten!