Politische Debatten, Studentenunruhen – die späten 1960er Jahre sind eine Zeit der Revolution und des Umbruchs in der noch jungen BRD. Klamauk hat da keinen Platz, wähnen viele. Und doch wird die Münchner Film-Komödie "Zur Sache Schätzchen" ein Kassenschlager. Autorin: Susi Weichselbaumer
Genie und Wahnsinn liegen nah beieinander. Das meint meist: Einer hält sich für ein Genie und treibt damit alle anderen in den Wahnsinn. Manchmal allerdings trifft solch ein wahnsinnigmachendes Genie auf sein Om. Tiefenentspannt, angetan durchaus, erst freudig beobachtend, dann sich ein wenig irrwitzig mittragen lassen, leben, lieben – schließlich doch ins Taxi einsteigen, weil es ist spät und die Eltern warten zuhause. Und das Genie? Das durfte endlich mal bei jemandem einfach so total genial sein. Ohne: Du machst mich wahnsinnig!
Endlich genial ankommen
Dass so eine Geschichte zum Kultfilm taugt, damit rechnete Jungregisseurin May Spils nicht. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten, Schauspieler Werner Enke, hatte sie sich grob einen Plot ausgedacht. Komisch sollte das Ganze werden, anders als all die politisch engagierten, düster-kritischen Autorenfilme, die es sonst in den späten 1960er Jahren gab. Revolution und gegen das Establishment – das wollten Spils und Enke schon. Nur unterhaltlich eben.
Zur Sache
Faulenzer Martin – gespielt von Werner Enke – fläzt den ganzen Tag am liebsten im Bett. Arbeiten will er nur, wenn er kann und können kann er fast nie. Dabei - und da wären wir beim Genie - sprudeln die Ideen nur so aus ihm heraus, ob hohe Lyrik oder sich perpetuierende Prosa oder kitschig-pappiger Schlagertext. Sein rühriger Kumpel Henry versucht dieses Talent zu beider Vorteil zu vermarkten. Aber halt: Genie und Arbeit… kurz Martin treibt Henry in den Wahnsinn.
Lethargisch, wenn es um den Broterwerb bestellt ist. Hyperaktiv, wenn es darum geht, verquer philosophisch und wild aktionistisch und überdreht lustig und unterirdisch melancholisch in die Welt hineinzuleben. Dass da die quengelnde Anita dauernd auf den Verlobungsring drängt? Bei Martin hat nichts Eile.
Zumindest bis er im Schwimmbad auf Barbara aus gutem Hause trifft. Kurzer schwarzer Struwelbop, dunkle Kugelaugen – in der Rolle Uschi Glas. Bei ihr ist für Martin klar: Zur Sache Schätzchen! Verquer philosophische Dialoge im Schwimmbecken, die wild aktionistische Entführungsaktion einer Ziege per Kinderwagen aus dem Streichelzoo des Münchner Tierparks, überdreht lustige Verfolgungsjagden mit der Polizei… Schätzchen Barbara alias Uschi Glas ist tiefenentspannt, angetan durchaus, erst freudig beobachtend… dann sich ein wenig irrwitzig mittragen lassen – Es wird gefummelt auf der Busfahrt, im Polizeirevier bis auf die Unterwäsche ausgezogen. Gekuschelt auf Martins Bett, der romantisch-charmant selbstgemalte Daumenkinos präsentiert. Und irgendwann fährt Barbara heim in die elterliche Villa. Und obwohl Martin gerne und oft sagt, es werde eh alles böse enden, endet der Film einfach so. Nach dem Motto: Kann weitergehen als gammelndes Genie.