Charles M. Schulz Hauptfigur in "Peanuts" ist der charlie-brownigste aller Charlie Browns. Die Komik und Verwundbarkeit der Peanuts machten sie zum Welterfolg. Autorin: Anja Mösing
Was für ein Paradox! Gerade als die Zeitungen kaum noch freien Platz hatten, war das die Chance für eine ganz neue Comic-Serie. Das US amerikanische Zeitungspublikum liebte es täglich Bildergeschichten zu lesen. Immer schon. Aber in den 1950er Jahren drängelten sich die Werbekunden geradezu in die Blätter, um Anzeigen zu schalten.
Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten boomte: Supermärkte schossen aus dem Boden, Autos wurden größer, die Highways wuchsen über das Land, Flugreisen wurden erschwinglicher und das Fernsehen lieferte Unterhaltung jetzt direkt in die Wohnzimmer. Alles wurde schneller und schneller! Sogar das Essen hieß plötzlich "Fast Food". Da sollten auch die Comics schneller zu konsumieren sein.
Angezählt waren damit ihre großen Fortsetzungsgeschichten mit vielen, aufwändig durchgestalteten Bildern, raffiniert aufgebaut und durchschattiert. In die konnte man sich beim Betrachten noch hinein fallen lassen. Aber: Abtauchen in Geschichten? So was dauerte zu lange!
Das Leben ist voller Möglichkeiten, aber du kriegst nie eine
Hell und schnell sollten die Comics sein. Und die berühmtesten Comic-Helden dieses neuen Stils waren Kinder: Großköpfige, kurzbeinige Kinder und der schlappohrige Hund Snoopy.
Als die erste "Peanuts"-Geschichte am 2. Oktober 1950 in den USA erschien, war auch der Zeichenstrich neu: Viel Weiß vom Zeichenblatt blieb da zu sehen, wenn alle Helden schon in Szene gesetzt waren. Wenn Charlie Brown, der gutmütige, kugelköpfige Pechvogel, mal wieder von Lucy, seiner ewig besserwisserischen, boshaften Gegenspielerin, einen gepfefferten Satz wie “Du bist irgendwie blöd!“ einstecken muss, dann geht es noch um typische Kinder-Situationen.
Aber nach wenigen Jahren spiegeln die ultrakurzen Geschichten Themen der Erwachsenen, ohne dass jemals ein Erwachsener in den Comics zu sehen wäre. Auch ein bisschen paradox.
Die Sicherheit der Schmusedecke
Gerade wenn die kleine Lucy in ihrem Limonade-Stand eine Psychologische Praxis eröffnet und bei Charlie Browns Beratung seine schlimmsten Ängste befeuert, oder wenn Snoopy auf seiner Hundehütte vergeblich und ausdauernd versucht, einen Bestseller zu verfassen, dann kann sich die Hippie-Generation gut in den kleinen Helden wiederfinden. Sogar in den philosophischen Überlegungen des kleinen Linus zur heißgeliebten, Sicherheit verschaffenden Schmusedecke!
Es ist ein neuer, feiner, selbstironischer Humor, den der Zeichner Charles Monroe Schulz der Comicwelt schenkt. Ein Humor, wie ihn Woody Allen im Kinofilm zelebriert. Schulz Meisterschaft im sophisticated humor machte ihn zu einem der reichsten Männer der USA. Bis zu seinem Tod im Jahr 2000 zeichnete er an die 18.000 Peanuts-Geschichten; alle selbst, ohne Schablonen, ohne Assistenten.
Und es passt zur paradoxen Geschichte seines Erfolgs, dass Schulz bis zum Schluss damit haderte, sich als junger Zeichner dem Wunsch der Verlagsvertreter gebeugt zu haben. Die hatten den Namen "Peanuts" erfunden. Den Namen des erfolgreichsten Comicstrips aller Zeiten.