Leon rannte wie ein geölter Blitz durch das Haus. Treppe rauf, Treppe runter. Durch die Türen rein und raus. In seiner Hand hielt er einen großen selbst gefalteten Papierflieger, dem er mit seiner Stimme laute Brummgeräusche verlieh. Und so ging es von einem Flughafen zum anderen.
Startfeld Kinderzimmer, Flugplatz Küche, International Airport Wohnzimmer. Kein Raum war vor dem Jungen sicher. Nicht einmal vor dem Arbeitszimmer machte er Halt.
»Leon, kannst du nicht etwas leiser spielen?«, fragte Papa mit strenger Stimme.
»Ich muss noch Arbeiten und du störst.«
»Ja, klar.«, antwortete Leon und düste mit seinem Flieger weiter.
Es wurde tatsächlich ruhiger. Aber da hielt nur für ein paar Minuten an. Dann waren laute Durchsagen zu hören.
»Achtung, Bahnsteig Zwei. Zug fährt durch.«
Leon hatte sich aus seiner Spielekiste eine Lokomotive geschnappt und verwandelte nun das ganze Haus in eine Schienenstrecke. Er fuhr über die Geländer der Treppe und brauste durch alle Zimmer. Und wieder kam er ins Arbeitszimmer.
»Achtung, Bahnsteig Vier. Zug fährt ein.«
»Leon.«, rief Papa verzweifelt.
»Ich brauche etwas Ruhe. Bitte spiel etwas leiser und woanders. Geh in dein Kinderzimmer.«
Es kehrte Stille ein. Papa machte sich wieder an seine Unterlagen. Lange konnte er sich allerdings nicht darauf konzentrieren.
»Huup! Huuuup!«, machte es plötzlich im Flur.
»Tatüü, tatüü!«
Leon war schon wieder völlig in seinem Element. Seine Finger hielten einen Krankenwagen fest und schoben ihn über den Fußboden.
»Aus dem Weg. Wir wollen jemand retten.«
Ein kleiner Stoffhase flog im hohen Bogen ins Arbeitszimmer. Der Krankenwagen folgte Sekunden später.
»Keine Sorge. Wir helfen ihnen sofort.«
Der Hase wurde auf das Fahrzeug gehoben. Gemeinsam drehten sie dann eine Runde um einen Fuß des Schreibtischs.
»Leon, bitte.«
Papa, wusste sich nicht mehr zu helfen. Verzweifelt holte er seine Taschenuhr hervor und warf einen Blick auf die Zeiger.
»Oh nein. Nur noch eine Stunde Zeit. Was mache ich denn jetzt?«
Da hatte er eine Idee.
»Leon, schau mal.«
Der Junge unterbrach sein Spiel und kam neugierig näher.
»Schau mal. Das ist meine Uhr.«, erklärte Papa.
»Wenn man sie an sein Ohr hält, hört man sie ganz leise ticken. Willst du das mal ausprobieren?«
Leon nickte eifrig. Er griff vorsichtig nach der Taschenuhr und hielt sie an sein Ohr. Er schloss seine Augen und hörte angestrengt zu.
»Ui.«, flüsterte er leise und bekam gar nicht genug von dem Geräusch.
Papa wandte sich schnell seiner Arbeit zu.
»Wer weiß, wie lange er sich von der Uhr ablenken lässt.«, murmelte er.
Als er dann eine halbe Stunde später fertig war, sah er sich nach seinem Sohn um.
»Leon? Wo bist du?«
Leon lag auf einem Sessel und schlief tief und fest. Die Taschenuhr hielt er immer noch an sein Ohr.
»Wer hätte das gedacht.«, schmunzelte Papa.