Andi saß voller Freude im Wohnzimmer auf dem Sofa. Vor ihm stand sein großer, fix und fertig gepackter Rucksack.
»Gleich, wenn Papa nach Hause kommt, dann geht es los.«
Er konnte sich sein breites Grinsen nicht verkneifen. Das Wochenende bei onkel Werner stand kurz bevor. Sie würden gemeinsam bis spät in die Nacht aufbleiben, sich lustige Geschichten erzählen und sich auf dem Stadtfest vergnügen. Es würde das schönste Wochenende des ganzen Jahres werden.
Andi sah auf die Uhr. Nur noch fünf Minuten, dann würde Papa durch die Tür kommen, alles in den Koffer verfrachten und kurze Zeit später mit seinem Sohn zur Autobahn brausen.
Dann war es Punkt sechzehn Uhr, doch die Haustür blieb geschlossen. Ein paar Minuten später tat sich noch immer nichts. Was war denn bloß mit Papa los?
Andi wunderte sich. Da konnte etwas nicht stimmen.
Erst um halb fünf kam dann Papa schließlich nach Hause.
»Wo bleibst du denn?«, fragte Andi ungeduldig.
»Ich warte schon eine halbe Ewigkeit auf dich. Wegen dir kommen wir noch zu spät.«
Und dann bemerkte er den niedergeschlagenen Blick von Papa, der gerade völlig lustlos seine Arbeitstasche auf den Boden fallen ließ.
»Was ist denn los?«
Papa seufzte.
»Unser Wochenende ist ins Wasser gefallen.«, sagte er traurig.
»Auf der Arbeit ist etwas falsch gelaufen. Und nun besteht mein Chef darauf, dass ich Morgen noch einmal komme, um ihm zu helfen. Ich habe sogar erklärt, dass es auf keinen Fall geht und wir etwas vorhaben, aber das hat ihn nicht interessiert.«
Andi bekam große Augen. Er sah entsetzt aus. Das Wochenende mit Papa und onkel Werner würde ausfallen? Das durfte einfach nicht sein. Verzweifelt rannte er in sein Zimmer und knallte die Tür frustriert hinter sich zu.
Papa ging hinterher. Er wagte es nicht, das Zimmer zu betreten. Er wollte es nicht noch schlimmer machen. Deswegen sprach er durch die verschlossene Tür.
»Ich habe wirklich alles versucht. Es tut mir leid. Ich habe mich auch riesig auf unsere gemeinsamen drei Tage gefreut.«
Da er keine Antwort bekam, ging er ins Wohnzimmer und ließ sich dort in seinen tiefen Sessel fallen.
»Wenn ich doch bloß wüsste, wie ich jetzt noch seine Laune bessern könnte.«
Am nächsten Tag kam Papa Nachmittags von der Arbeit nach Hause. Es ging ihm gar nicht gut. Andi hatte seit der schlechten Nachricht kein Wort mehr mit ihm gesprochen. Also hatten sie wohl noch ein sehr schwieriges Wochenende vor sich.
Er öffnete die Tür, ließ seine Tasche zu Boden fallen und schlurfte in den Flur hinein, als er plötzlich eine laute Stimme aus dem Wohnzimmer hörte.
»Herzlich Willkommen zum privaten Stadtfest der Familie Müller. So viel Unterhaltung, wie hier, wird ihnen nirgendwo auf der Welt geboten. Treten sie ein und amüsieren sie sich.«
Papa war verwirrt. Was war denn da los?
Langsam ging er auf das Wohnzimmer zu und spähte durch einen Türspalt hinein. Und da sah er etwas völlig Überraschendes.
Die Möbel waren zur Seite gerückt worden. Dafür standen nun ein paar Tische und Kaufmannsläden mitten im Raum.
»Was ist denn hier los?«, fragte er verwirrt.
»Wenn wir nicht zum Stadtfest fahren können, muss das Stadtfest eben zu uns kommen.«, sagte Andi stolz.
»Mama und ich haben das alles zusammen aufgebaut, damit wir beiden nicht mehr so traurig sein müssen.«
Er nahm Papas Hand und führte ihn herum. Am ersten Stand backte Mama lecker duftende Waffeln. Am zweiten gab es kühle Getränke und am dritten jede Menge Schnickschnack zu kaufen.
»Alles für einen Euro. Greifen sie zu solange der Vorrat reicht.«, rief Andi und lachte.
»Und wenn du mal in den Garten schaust, da sind noch mehr Buden aufgebaut. Wir haben sogar eine richtige Bühne besorgt. Darauf können wir dann heute Abend zusammen Karaoke singen. Das wird ein riesiger Spaß. Es machen sogar unsere Nachbarn mit.«
In diesem Moment stiegen von allen Seiten Menschen über die Gartenzäune. Sie brachten etwas zu Essen und Getränke mit. Offenbar waren sie schon alle in Andis Plan eingeweiht.
Papa stiegen Tränen in die Augen, so sehr freute er sich über das Stadtfest in seinem eigenen Garten.
»Das war das schönste Wochenende des ganzen Jahres.«, sagte Papa zu Andi, kurz bevor sie ins Bett gingen.
»Jetzt bin ich auch gar nicht mehr traurig, dass wir nicht zu onkel Werner fahren konnten.«
Er dachte kurz nach. Er schien eine Idee im Kopf zu haben.
»Wir werden das jetzt jedes Jahr in unserem Garten veranstalten. Und onkel Werner laden wir immer dazu ein. Ein schöneres Stadtfest kann er gar nicht erleben.«
Andi jubelte und stimmte Papa sofort zu.