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德语听力:历史上的今天8.9-Russisches Dorf setzt dem "e" ein Denkmal

时间:2013-08-13来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: Russisches
Der russische Buchstabe "jo", ein "e" mit zwei Pünktchen drauf, hat´s in sich: Soll man sie setzen oder nicht? Offiziell wurden sie verboten. Ein russisches Dorf aber leistete Widerstand - meldet ITAR-TASS am 9. August 2005.

Russisch, was für eine klangvolle, sangbare, sinnliche Sprache! Allein schon die Vokale. Zehn Stück gibt es davon - im Russischen. Im Deutschen begnügen wir uns mit mägerlichen fünf. Das liegt daran, dass es die Russen viel differenzierter und genauer nehmen. Zum Beispiel kommt der Vokal "jo" nur vor, wenn er innerhalb des Wortes betont ist und wenn der vorangehende Konsonant erweicht ist. Erweichter Konsonant? Nie gehört. Was soll das denn sein? Na ja, wie gesagt. Im Deutschen hören wir nicht so genau hin. Wir halten das B in Bruder für dasselbe wie das b in rabiat. Ist es aber nicht. Denn das B in Bruder ist hart und das in rabiat weich. So wie das W in Wasser hart ist, nicht aber in der Vene. Und das D in der Dame? Hart natürlich. Im Gegensatz zum weichen d in Radio. Das Russische hat sogar ein eigenes Schriftzeichen, das dem Leser sagt, was für einen Konsonanten er vor sich hat, das sog. Weichheitszeichen. Früher gab´s sogar noch eines für die "Härte", aber das hat man gottlob auf dem Weg vom Altkirchenslavischen zum modernen Russisch verloren.
 
Doch zurück zum "jo". Das schreibt man wie ein kleines e mit zwei Pünktchen oben drauf. In offiziellen Dokumenten sind die zwei Pünktchen aber verboten, was die Sache nicht erleichtert. Dass man weiß, wann man das e als "jo" lesen soll, wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Schließlich sind offizielle Dokumente ja auch nicht für jeden Deppen gedacht, da hat man in Russland so seine Traditionen. Doch wo Verbote sind, da regt sich Trotz und Widerstand - nicht nur in Russland. Und so hat nun ein kleines Dorf dem geschmähten Zeichen ein Denkmal gesetzt. Am 9. August 2005 hat das die Agentur ITAR-TASS gemeldet.
 
Die Vorgeschichte: Ulianowsk heißt der Ort an der Wolga, es gibt ihn wirklich, er ist kein Potemkinsches Dorf (hören Sie das "jo"?) und verfügt historisch gesehen über besondere Beziehungen zu den beiden Pünktchen. Denn der bislang bedeutendste Sohn des Fleckens, der Dichter Nikolai Karamsin, hat sie seinerzeit anno 1797 eingeführt, weil das "jo" in so vielen Nachnamen der Region enthalten war. Und dann haben die Anhänger des seltenen"jo" noch eine Berühmtheit auf ihrer Seite. Leo Tolstoi. Der hat in seinem Klassiker "Anna Karenina" dem Konstantin Lewin zwei Pünktchen aufs e gedrückt, damit sich der Name "Liowin" ausspricht und nicht auf eine jüdische Herkunft verweist.
 
1997 - genau 200 Jahre nach der Erfindung des "jo" - kam nun in Ulianowsk die Idee mit dem Denkmal auf. Doch was dem "jo" hinstellen? Schließlich wurde ein allrussischer Wettbewerb ausgeschrieben. Es trafen sogar Vorschläge aus dem Ausland ein. Trotz dieser beeindruckenden Konkurrenz konnte sich der Mann durchsetzen, dem die Sache mit dem Denkmal überhaupt erst eingefallen war. Es handelt sich um den Uljanowsker Maler Alexander Sinin. Der ortsansässige Künstler hatte ein schwarzsteinernes Rechteck geschaffen - mit einem großen weißen "jo" drauf.
 

Das Werk hat übrigens 500 000 Rubel gekostet. Hony soit qui mal y pense. Das ist die große Geste eines alten Kulturvolkes, dem es eben auch auf Kleinigkeiten ankommt. - jo. 

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