Die Gedichte hat er in der Tasche, den Doktortitel übrigens auch. Erst aus Frankfurt, wird er ihr schreiben, dass Schluss ist. "Die Antwort Friederikes ... zerriss mir das Herz ... Ich musste sie in einem Augenblick verlassen, wo es ihr fast das Leben kostete." - Darüber ging sie leise hinweg, als er nach acht Jahren noch einmal bei ihr war. Nicht mit der leisesten Berührung versuchte sie "ein altes Gefühl in meiner Seele zu wecken ... Sie führte mich in jede Laube, und da musst ich sitzen und so war’s gut." - Für ihn schon. Und sie? Später fand sie Unterschlupf beim Bruder. Sie soll noch ein Kind gehabt haben. Das kam ins Findelhaus. Das Leben schreibt selten Sesenheimer Lyrik.
Goethe wusste sich gut einzubringen ins Familienglück anderer Leute. So auch in das von Friederike Brion, geboren am 19. April 1752. Wir haben davon die Sesenheimer Lieder - und sie ... ?
Nur ganze vier Wochen - will er dem gutgläubigen Eckermann weismachen - wäre er wirklich glücklich gewesen. Wie das? Wo er doch allein Monate im Elsässischen die Leichtigkeit des Seins genossen hat?? - Goethe also. - Immer zwischen Dichtung und Wahrheit.
Die Frauenzimmer fingen Feuer
Straßburg soll’s bringen, drängte der Vater. Studienmäßig! Fleißig war er ja, der Sohn, tat sich überall um, zuerst mal nach einem guten Schneider. Frankfurt war fern, Paris ganz nah. Und von dort wurde die Mode diktiert, reinstes Rokoko: Lange Weste, Zopfperücke, Seidenstrümpfe und Schnallenschuh. "Et voilà!" Die Frauenzimmer fingen Feuer. In der Stadt und auf dem Land.
Letzteres war angesagt vor allem der Gesundheit wegen. "Himmelsluft weich, warm, feuchtlich, man wird auch wie die Trauben reif und süß in der Seele." Seele und Sesenheim, das ging zusammen. Ein Freund hatte ihn dorthin mitgenommen, zur Pfarrersfamilie Brion. Drei Töchter. "Aufgewachsen in einem heitern und sittlichen Lebensgenuss." Der Vater lässt ihnen ungewöhnlich viel Freiheit. Vertraut ihnen ganz - dem "guten Jungen" aus der Stadt übrigens auch bald. Goethe weiß sich immer einzubringen ins Familienglück anderer Leute.
Im kleinen Kreis genießt er das einfache Leben. Das unbehauste Genie, das Großes vorhat, es weiß nur noch nicht genau was. Erst mal hat es ihm Friederike angetan. "Schlank und leicht, als wenn sie nichts an sich zu tragen hätte, schritt sie und beinahe schien für die gewaltigen blonden Zöpfe des niedlichen Köpfchens der Hals zu zart." So mag er die Frauen: anmutig, nett, natürlich! "Aus heiteren blauen Augen blickte sie sehr deutlich umher, und das artige Stumpfnäschen forschte so frei in die Luft, als wenn es in der Welt keine Sorge geben könnte ..."
Schäferstündchen und nasser Blick
Das sollte sich ändern! Als es funkt zwischen den beiden, ist die am 19. April 1752 geborene Friederike Brion 19 Jahre jung, Goethe knapp 22. Hand in Hand spazieren sie durch die Natur. Träumen Seite an Seite im Mondenschein ... Und nur die schrecklichen Schnaken in den Rheinauen vereiteln so manches Schäferstündchen.
Von Straßburg nach Sesenheim braucht er sechs Stunden zu Pferde. Praktischer also, wenn er ein bisschen länger bleibt. Einmal werden es fünf Wochen. Das kommt einer Verlobung gleich. - "Die angenehmste Gegend, Leute, die mich lieben ..." seufzt er sehnsüchtig. Nun, wir wissen, wie’s ausgeht. Und er? Hat es auch bald gewusst:
"Ich ging, du standst und sahst zur Erden,
Und sahst mir nach mit nassem Blick ..."
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