Schneidet das Messer mit Wellenschliff wirklich besser als die Klinge mit glatter Schneide? Schwierige Frage. Am 17. April 1941 erhielt das Messer mit gezahnter oder wellenförmiger Klinge Gebrauchsmusterschutz.
"Eine Welle ist keine Säge", beschied uns der Mann mit dem Wetzstein, "und eine Säge hat keinen Schliff." Gefragt hatten wir ihn, was es denn sei, das nahezu allen privaten Haushalten hierzulande die vielgestalten Universalmesser so attraktiv machen würde, seien sie kürzeren Ausmaßes, Tomatenmesser genannt, oder längeren, durch die obligaten Brotmesser repräsentiert. "Was den Wellenschliff so beliebt macht?", hörten wir da aus einem Munde, der den Technologen unter den Handwerkern verriet: "der Anschein längerer Schnitthaltigkeit".
Nicht mehr ein Schnitt, sondern nur noch ein Riss
Tatsächlich fristen in deutschen Küchenschubladen unzählige Exempel von Messerklingen mit gezahnter oder wellenförmiger Schneide ihr Dasein. Nur deshalb erscheinen sie schärfer - schärfer als ihre Schwestern mit glatter Wate -, weil selbst das abgestumpfteste Rudiment einer ehemaligen Profilierung noch ein letztes Eindringen in den Brotlaib und ins Gemüse, ja selbst in die Muskelfasern nachgiebiger Fleischstücke verspricht. Das Ergebnis - so unser Technologe - ist zwar nicht mehr ein Schnitt, sondern nur noch ein Riss, aber durchaus probat. Wie viele Traditionsunternehmen der Messerindustrie müssen denn auch auf Nachfrage eingestehen, dass ihr umsatzstärkster Artikel nicht das handgeschmiedete Original aus Mehrlagenstahl, nicht das auf 58 Grad Rockwell gehärtete und doppelt abgezogene Spitzenprodukt mit gerader oder leicht gekrümmter Schneidkante sei: Nein, seit Jahrzehnten ist es ein ganz banaler Alleskönner mit gestanzter Verzahnung, der den Ruhmesplatz einnimmt.
Banal? Allerdings. Denn so war bereits der Schutzanspruch betitelt, mit dem die damals neue und bald siegreiche Art von Messern Einzug in das Register der deutschen Gebrauchsmuster hielt: "Messer zum Schneiden von Wurst, Brot o. dgl." heißt es im Eintrag vom 17. April 1941.
Greift gut an
Das Datum, in den Zeiten nahezu ungehinderter Machtentfaltung des nationalsozialistischen Deutschland gelegen, gibt zu denken: Während am selben Tag auf dem Balkan Jugoslawien und eine halbe Woche darauf Griechenland kapitulierten, wurde also im Inland den elementaren Schneidgütern des deutschen Abendessens - Brot und Wurst - Sorge getragen. Mit entsprechender Diktion, als handelte es sich um eine Kombination von Techniken zur militärischen Eroberung, wird in dem Schutzantrag die Erfindung beschrieben: Die Zahnung oder die Wellenform der Klinge hätten zur Folge, dass das Messer zu Beginn des Schneidens "gut angreift", so dass es auch "harte" Häute und Krusten "leicht öffnet". Der Hohlschliff wiederum ermögliche einen "sehr spitzen Keilwinkel", so dass die Klinge in das adverse Objekt "mit geringstem Widerstand eindringt".
Tatsächlich war dem Ganzen in Solingen ein langer Patentstreit und ein tiefes Zerwürfnis innerhalb der dortigen Schneidwarenfabrikanten vorausgegangen. Der Antragsteller habe ein amerikanisches Patent verletzt, argumentierte dessen deutsche Lizenznehmerin, eine bekannte Solinger Firma. Doch am Ende standen zuerst ein Vergleich und dann der Gebrauchsmustereintrag der ebenfalls namhaften, wenngleich kleineren Konkurrentin.
Zum Beginn des nachkriegsdeutschen Wirtschaftswunders, in den fünfziger Jahren, war der Musterschutz dann rechtzeitig ausgelaufen. Alle durften die Klinge nun fabrizieren. Der Wellenschliff wurde universal.