Jerome K. Jerome: mit "Drei Mann in einem Boot" schuf er einen der Klassiker des britischen Humors - über die Unzulänglichkeiten des Daseins und voller Kritik an den Zeitumständen. Autor: Xaver Frühbeis
Zu dritt rudern sie die Themse hinauf. Genau genommen sogar: zu viert. Montmorency, der Hund, hat nämlich auch mitgedurft. In der Hauptsache aber sind auf dem Boot: Georg und Harris - und Jerome K. Jerome, der Erzähler der Geschichte. Es ist ein sorgfältig geplanter Ausflug: vierzehn Tage lang Ruhe und Erholung vom anstrengenden Alltagsleben. Übernachten wollen sie auf dem Boot, ganz simpel, unter einer Plane aus Segeltuch. Im Gepäck ist nur das Nötigste: Seife, Zahnbürste, Rasierzeug, ein paar Handtücher. Außerdem eine Bratpfanne, ein Teekessel und ein großer Picknickkorb. Kalter Braten und Pasteten dürfen nicht fehlen, dazu Schinken und Eingemachtes, einige Eier, Biskuits und Butter, nicht zu vergessen: Tee, Limonade und eine große Flasche Whisky gegen den Durst. So ausgerüstet kann eigentlich gar nichts passieren.
Eine Bootsfahrt, die ist…
Was dann doch passiert, füllt ein ganzes Buch. Sie sind noch gar nicht auf dem Fluss, da setzt sich Harris auf ein Pfund Butter, das an seinem Hosenboden pappenbleibt und ziemlich lang gesucht werden muss. Beim Versuch, im hohen Gras zu picknicken, plumpst derselbe Harris unversehens hintüber in einen Abwasserkanal und ist, als er wieder auftaucht, nicht bloß nass und schmutzig, sondern auch stocksauer, weil er meint, seine Freunde hätten sich mehr um die Pastete gesorgt, die mit ihm verschwunden war, als um ihn selbst. Sie verheddern sich im Zeltdach, essen verbranntes Rührei mit Schale, lassen morgens ihre Hemden in den Fluss fallen und hauen eine Dose Ananas zu Matsch, ohne sie aufzubekommen. Den Büchsenöffner haben sie vergessen einzupacken. Und als es dann - zur Halbzeit - nicht mehr aufhören will zu regnen, brechen sie ihre Bootsfahrt einfach ab und reisen mit der Bahn nach Haus.
"Drei Mann in einem Boot - vom Hunde ganz zu schweigen" ist Jerome K. Jeromes großer Erfolgsroman. Eigentlich hatte er - inspiriert von einer Flussfahrt mit seiner jungen Braut - einen ganz normalen Ausflugsreiseführer schreiben wollen.
Aber dann war die Muse mit ihm durchgegangen, er hatte humorvolle Episoden und eine Unmenge Anekdoten eingeschoben, und das Ergebnis war derart köstlich geraten, dass sein Verleger mit dem Drucken nicht mehr hinterherkam. "Was machen die Leute bloß mit den vielen Büchern," soll er gesagt haben, "essen die die vielleicht?" Und während die britischen Literaturpäpste über das Buch noch die Nase rümpften und taten, als sei das Empire in Gefahr, wurden in Übersee schon Raubdrucke gesichtet.
"Nicht so komisch wie die anderen"
Dass Jerome - neben "Drei Mann in einem Boot" - auch noch anderes geschrieben hat, hat man nie so recht zur Kenntnis genommen. Besonders seine ernsten Stoffe haben darunter gelitten. Jerome hat auch das in eine Anekdote gefasst. Er habe, erzählt er, einmal etwas wirklich Ernstes geschrieben. Eine tragische Erzählung von einer Frau, die von einer Riesenschlange erdrückt wurde. Ein Freund sagte: "Wirklich sehr reizend, die Geschichte. Aber lang nicht so komisch wie deine anderen."