Ja mei, mag so mancher meinen, wenn sich mal wieder Besuch ankündigt... Weil München ist ja eine Reise wert… Ja mei, heißt es halt wieder Standard-Programm: auf eine Maß ins Hofbräuhaus. Oder zwei. Autor: Thomas Grasberger
Unlängst hat ein Internet-Reiseportal Paris zur Stadt des Monats gewählt. Immerhin! – möchte man da ausrufen. Obwohl, andere Leute hätten Paris vielleicht zur Stadt ihres Lebens erkoren. Oder des Jahrhunderts. Aber das Internet ist ein schnelllebiges Medium. Deshalb: Stadt des Monats! Das muss reichen. Die Begründung der Touristiker klang einigermaßen schlüssig: "Wegen der Küche, der Kultur, der Liebe” – “Und was sollen wir sonst noch sagen?”, fragte der Online-Anbieter. Tja!? Vermutlich wollte man damit zum Ausdruck bringen, dass über Paris so viel zu erzählen ist, dass man am besten erst gar nicht damit anfängt. Deshalb hören auch wir an dieser Stelle auf mit Paris, und widmen uns einem anderen Thema. Nämlich unserem Wirtshaus des Tages. Die Rede ist vom Hofbräuhaus in München.
Im Grunde alles gesagt
Nun, was sollen wir da sagen? Der Münchner kennt es, der Fremde sowieso. Denn immer, wenn der Münchner einen Fremden zu Besuch hat, dann führt er ihn - ins Hofbräuhaus. Das war schon früher so. Zum Beispiel im August 1912. An einem Sonntag hatte der Schwabinger Bohémien Erich Mühsam Besuch von alten Freunden; es musste also ein Programm her!
“Ich führte die beiden durch München, und zeigte ihnen unter anderm den alten Turnierhof in der Münze, den ich bei dieser Gelegenheit auch erst kennen lernte”, schreibt der Anarchist Mühsam in sein Tagebuch. Ja, und nach dem Sightseeing? Gings natürlich ins Hofbräuhaus!
Standard-Tour
Wäre Mühsam mit seinen Gästen ein Jahr später dort gewesen, hätte er mit ein wenig Glück vielleicht den russischen Revolutionär Lenin und seine Frau, die Krupskaja, getroffen.
Schon viele Jahre zuvor, in ihrer Münchner Exil-Zeit, waren die beiden oft und gern ins Hofbräuhaus gegangen, wo Lenin regelmäßig drei Maß getrunken und sich gelegentlich eine Watschn von der Bedienung eingefangen hat, weil er ihr an den Rock gegangen ist. Sagt man. Aber vielleicht war das auch nur konterrevolutionäre Propaganda!? Tatsache ist, dass Lenin und Krupskaja im Sommer 1913 ein letztes Mal kurz in München waren, auf Durchreise. Sie trafen russische Bekannte, die an der Isar lebten. Und was haben sich diese Wahl-Münchner einfallen lassen, als touristisches Programm? Genau!
Ach ja, unser Hofbräuhaus, es ist halt ein bisserl wie Paris. Nicht wegen der Küche oder der Liebe. Aber oft ist es recht voll, manchmal ein wenig touristisch, und dabei doch immer irgendwie schillernd und einzigartig. Und wie viele Geschichten es gibt, übers Hofbräuhaus! Vielleicht sollten wir´s ja doch zum Wirtshaus des Monats befördern? Oder gar der Ewigkeit? Wie sonst könnte man der Tatsache gerecht werden, dass ein gewisser Alois Hingerl als Münchner im Himmel regelmäßig vergisst, seine göttlichen Ratschläge an die bayerische Regierung zu überbringen, weil er im Hofbräuhaus versumpft? Bis in alle Ewigkeit!