"Du bist meine große Liebe!" Der Satz hat einen Beigeschmack, wenn im Harem die Konkurrenz wartet. Doch es scheint, dass Mumtaz Mahal wirklich die große Liebe des Großmoguls war. Autorin: Anja Mösing
Angeberei? Auf jeden Fall!
Übertreibung? Bestimmt!
Und Liebe? Vielleicht. Aber nur ganz vielleicht.
Eigentlich passt Liebe als Anlass für irgendetwas nicht in jene Zeiten. Die sind unglaublich roh gewesen, egal wie fein gewebt die Gewänder waren, in denen man am Hof des Großmoguls von Saal zu Saal wandelte. Damals als aus einer Verbindung von zwei Menschen so ein prächtiges Symbol hervorging, das man noch heute bestaunt. Nach 400 Jahren!
Teenager mit Heiratsabsichten
Damals waren Pracht und Reichtum in den Palästen der indischen Herrscher so unfassbar groß, dass Höfe europäischer Fürsten und Könige daneben wie graue, zugige Steinhallen wirkten. Zum perlenbestickten, golddurchwirktem, edelsteinverbrämten, überbordenden Reichtum der indischen Großmoguln passte auch das Neujahrsfest, auf dem sich die sagenumwobenen Liebenden zum ersten Mal sahen.
Man gab in den Palastgärten einen künstlichen Basar, auf dem die geladenen adeligen Damen, verkleidet als Edelstein-Händlerinnen, in bunten Zelten kostbare Steine an männliche Gäste verkauften. Es ging um Plauderei ohne strenge Hofetikette. Und im Zelt einer 13jährigen Edelsteinhändlerin fühlte sich der 14jährige Prinz so sehr von ihrer Anmut und Schönheit gebannt, dass er seinen Vater, den Großmogul, sofort fragte, ob er dieses Mädchen heiraten dürfe.
Die höfischen Chroniken kleiden diese Begegnung in extrem blumige Worte, lassen dafür aber weg, dass das Mädchen damals schon verheiratet war – mit einem sehr viel älteren persischen Edelmann.
Zwar verlobten sich die beiden Jungen Leute trotzdem, bis zur Heirat dauerte es aber noch ganze fünf Jahre. Eine ziemlich lange Wartezeit für Teenager, auch vor 400 Jahren.
Der Prinz füllte die Zeit, indem er Dinge tat, die zu einem Prinzenleben so gehörten: Er heiratete inzwischen seine erste Frau, eine echte Perser-Prinzessin. Als 19jähriger durfte er endlich eine zweite Frau heiraten: das Mädchen aus dem Edelstein-Basar! Ihr lästiger Ehemann war wohl inzwischen gestorben. Prinz Khurram gab ihr zur Hochzeit einen neuen Namen: "Mumtaz Mahal Begam", was so viel heißt wie "Erwählte des Palastes".
Mausoleum für die Lieblingsfrau
Sie war sicher die „Erwählte“aber nicht seine Einzige. Unter den sagenhaften 5000 Frauen im Harem des Palastes gab es einige Hundert, unter denen er immer wieder wählte; dazu viele Frauen, die er sich von befreundeten Kalifen ab und an auslieh. Gegen den Frauen-Hunger von Prinz Khuram traute sich niemand aufzubegehren, schon gar nicht, nachdem er seine sechs prinzlichen Brüder hatte umbringen lassen, um ganz sicher indischer Großmogul zu werden.
Als seine Lieblingsfrau musste Mumtaz den Herrscher auf all seinen Reisen durch das große Reich begleiten. So waren sie auch unterwegs, als Mumtaz Mahal am 17. Juni 1631 bei der Geburt ihres 14. gemeinsamen Kindes starb. Der Bart ihres Mannes soll darauf über Nacht vor Kummer grau geworden sein. Und als mächtiger Großmogul ließ er ihr zu Ehren ein so prächtiges Grabmal bauen, dass sofort als 8. Weltwunder galt: das Taj Mahal.