Manches steht ja in dem Ruf, nur was für Kinder zu sein. Dabei möchte man ehrlich rufen: Nein, Erwachsene ebenso! Schließlich kann man als Erwachsener genauso noch Spaß haben - zum Beispiel beim Puzzeln! Autorin: Anja Mösing
Wohnungen können echt miese Verräter sein. Da muss gar nicht erst die Zinnteller-Parade kommen, oben, auf dem Eichenholz-Regal. Auch nicht die Betonwand im Schlafzimmer, unverputzt. Da reicht schon irgendwas ganz Einfaches an der Wand. Vielsagend!! Manmanman.
Jetzt nur mal so als Beispiel: Das Wand-Puzzle.
Klein ist das nie. 120 Teile, freudestrahlend von Vierjährigen gelegt? Fehlanzeige!
Das sind Trophäen! Das sind die Zwölfender in der Jagdstube, nur ohne Fell.
Für so ein Wand-Puzzle sind Tränen geflossen!
Die hat einer aus Tausenden von Teilen zusammen gefummelt! Akribisch aufgeklebt und hinter Glas gebracht, in einen Rahmen. Für immer.
Teile eines großen Ganzen
Wenn man in eine Wohnung mit Puzzle an der Wand kommt, weiß man gleich, hier wohnt einer, mit dem man reden kann. Einer, der die ganze Palette kennt. Gefühle? In dieser Wohnung kann man drüber reden. Alles: nagende Verzweiflung, jauchzendes Entzücken und Triumph. Kennt man hier alles! Und vor allem: so ein Puzzle-Mensch, der kann Zuhören, der kann auch mal ruhig sein. Kontemplation! Ohne die bekommt doch keiner so ein rießen Teil fertig.
Hier wohnt so einer wie der Typ damals, in den 1980ern, in diesem französischen Kinofilm - Diva hieß der - ein Typ in dem Film hatte eine echt große Wohnung! Loft oder was. Mit einer Welle in einem ganz breiten Glaskasten. Total langsam schwappte die da in dem Glaskasten hin und her. Und davor hockte der Typ, der Wohnungsbesitzer, am Boden. In aller Seelenruhe hat der da sein riesen blaues Puzzle gelegt. So was von ruhig war der. Der Wahnsinn.
In der Ruhe liegt die Kraft
Bis dahin konnte man höchstens seinem besten Freund erzählen, wenn man mal ein Puzzle gelegt hatte. Schweigepflicht Ehrensache. War Kinderkram. Und plötzlich hatten Puzzles Style! Die als Erwachsener zu legen, war auf einmal cool. Am besten mit einem ganz schwierigen Motiv drauf, Sanddüne in Nahaufnahme, oder gleich nur eine Wolke. Irgendwas mit Wahnsinn auf Ansage.
Dabei war das Ding eigentlich mal ganz anders gedacht. Von wegen Kontemplation, und Angeben, quasi wer so lange Puzzle legen kann, der kann auch lange küssen, oder was weiß ich. So nicht!
Früher waren die Teile zum Lernen gedacht. Der Erfinder hatte einfach ne Schul-Landkarte auf Sperrholz geklebt. Und dann die Karte immer schön an den Grafschafts-Grenzen entlang auseinander gesägt. Mit einer Laubsäge, ist ja klar und irre lange her. 1766 war das, am 29. Januar. Und der Mann war Engländer: John Spilsbury hieß er, hatte in London als Kupferstecher vorher Landkarten gemacht.
Zur Abwechslung mal Rumgrübeln, welches Teil wohin gehört, bis die Karte komplett war, hat den Schülern und Lehrern dann echt gut gefallen. War mal was anderes. Und dem Spilsbury hats gut Geld gebracht. War ziemlich teuer so ein Londoner Puzzle, also nur was für die Reichen. Die haben das Puzzlelegen dann zusammen richtig zelebriert, im „Salon“. Dabei hatten die Teile damals noch keine so runden Zähnchen, die genau in Buchten reinpassen müssen und so.