Manchmal will man eigentlich schon in Fahrt kommen, aber irgendwie ist dann doch der Zug abgefahren. Auch der Transrapid bleibt zumindest aus bayerischer Sicht erstmal nur ein kurzer Halt in der Verkehrgeschichte. Autor: Thomas Grasberger
Da waren sie nun, Fritz und Vicky, er 23, sie zarte 15 Jahre alt, im Park von Schloss Balmoral. Allein! Endlich! Nach Jahren des innigen Briefwechsels. Nur: was sagen? Fritz verstand sich besser auf Militärkommandos, als auf Liebeserklärungen, wofür ihn Vickys englische Verwandtschaft nur zu gern belächelte. Diese Preußen... immer in Uniform, humorlos und stocksteif. Fritz Herz war doch so übervoll! Aber es kam rein gar nichts davon raus. Vicky hätte das sicher besser gekonnt. Aber im 19. Jahrhundert waren Heiratsanträge noch reine Männersache. Ein Mädchen hatte geduldig zu warten. Auch Vicky, die älteste Tochter der englischen Queen Victoria.
Mit Mendelssohn und Schleppe zum Altar
Vicky war aufgeweckt und hoch gebildet. Durch die vielen Briefe, die Fritz und sie sich seit ihrer ersten Begegnung geschrieben hatten, war die englische Prinzessin dem preußischen Prinzen als eine kluge und warmherzige Freundin ans Herz gewachsen. Auch Queen Victoria und ihrem deutschen Mann Albert, war daran gelegen, dass "die Kinder" zu einander fanden. Fritz hatte also im Grunde nichts zu befürchten, als er es endlich zu Stande brachte, Vicky zu fragen, ob sie "gerne mal zu ihm nach Preußen kommen würde - und zwar für immer."Vicky errötete. Das war er also, der Heiratsantrag aus dem Munde eines waschechten Prinzen. Kein Kniefall, keine Liebeserklärung. Nicht mal einen Ring hatte dieser Stoffel von Fritz dabei! Die emanzipierte Braut des 21. Jahrhunderts würde so einem Bräutigam gleich mal den Marsch blasen. Apropos Marsch…
Der Hochzeitsmarsch, welcher am Tage von Fritz und Vickys Vermählung in der Kapelle des St. James Palastes in London gespielt wurde, machte die Sache dann doch noch sehr romantisch. Es war Felix Mendelssohn Bartholdys "Hochzeitsmarsch" aus dem Musikwerk "Ein Sommernachtstraum", der an diesem 25. Januar 1858 zu Ehren von Prinz Friedrich von Preußen und seiner Braut Prinzessin Victoria von England und Irland zu Gehör gebracht wurde. Eine Tradition war geboren!
Seitdem haben unzählige Brautpaare in der ganzen Welt sich zu den Klängen jener Musik das Ja-Wort gegeben. Und auch Vickys Brautkleid wurde stilbildend. Es war weiß, Mitte des 19. Jahrhunderts noch keine Selbstverständlichkeit, und besaß eine prachtvolle drei Meter lange Schleppe. Ein Modell, das noch Generationen von Bräuten, königlich oder nicht, als Vorbild dienen sollte. Allen voran Prinzessin Diana, die über 100 Jahre später eine sage und schreibe Sieben- Meter-Schleppe hinter sich zum Altar schleifte.
…bis dass der Tod…
Die "Traumhochzeit" von Fritz und Vicky, sie wurde oft kopiert und vermutlich nie erreicht. Denn was die beiden wirklich auszeichnete, das war ihre Liebe zueinander. Trotz all dem Misstrauen, dass die deutsche Öffentlichkeit der ausländischen Prinzessin entgegenbrachte, trotz all der Intrigen Fürst Bismarcks, der Vickys englisch-liberalen Einfluss fürchtete, trotz den Schwierigkeiten mit ihrem ältesten Sohn, dem späteren Kaiser Wilhelm II., der so ganz andere politische Ziele verfolgte als seine Eltern, trotz Fritz schwerer Erkrankung und trotz Vickys nie endendem Heimweh nach England - Fritz und Vicky liebten sich und hielten zusammen! Im Jahr 1888 wurden sie Kaiser und Kaiserin des deutschen Reiches. Für 99 Tage. Dann starb Fritz.