Friedensbewegt und mit dem Stifter des gleichnamigen Preises befreundet - das muss den Friedensnobelpreis geben. Denkt Bertha von Suttner. Das Komitee ist in Sache Verleihung anderer Ansicht. Vorrübergehend.
Das Telegramm wird Bertha von Suttner in ihrem Wiesbadener Hotel zugestellt. Weil sie Nachgebühr zahlen soll, will sie es gar nicht annehmen, aber dann tut sie es doch. "War der Mühe wert", notiert sie in ihr Tagebuch: endlich bekommt sie ihn, den lang ersehnten und fast schon aufgegebenen Friedenspreis, den Alfred Nobel gestiftet hat. Am 10. Dezember 1905 wird es dann auch offiziell verkündet. Die Vortragstournee, die Bertha von Suttner gerade durch viele deutsche Städte führt, wird zum Triumphzug.
Die Waffen nieder!
Die Tochter eines Generals, Nachfahrin vieler Generationen böhmisch-österreichischer Offiziere, ist das berühmteste Gesicht der Friedensbewegung, seit 1889 ihr Antikriegsroman "Die Waffen nieder!" erschienen ist. Das Buch ist ein Bestseller, immer wieder neu aufgelegt und in sechzehn Sprachen übersetzt. Mit all ihrer Kraft arbeitet Bertha von Suttner dafür, die Friedensbewegung international zu vernetzen, wirbt für die Idee des Pazifismus, versucht Politiker und Staatsoberhäupter zu überzeugen. Sie gründet die "Österreichische Gesellschaft der Friedensfreunde" und ist deren Präsidentin, initiiert Friedensgesellschaften in Deutschland und Ungarn, gibt eine Zeitschrift heraus, hält zahllose Vorträge, organisiert internationale Kongresse mit.
"Der nächste Krieg wird von einer Furchtbarkeit sein wie noch keiner seiner Vorgänger", warnt sie. "Jede Stadt ein Trümmerhaufen, jedes Feld ein Leichenfeld, und noch immer tobt der Kampf: unter den Meereswellen schießen die Torpedoboote, um mächtige Dampfer in den Grund zu ziehen; in die Wolken steigen bewaffnete und bemannte Luftschiffe einer zweiten äronautischen Truppe entgegen, und aus tausend Meter Höhe schneien verstümmelte Krieger als blutende Flocken herab". Zitat Ende.
Mit Alfred Nobel, dem schwedischen Erfinder des Dynamits und Sprengstofffabrikanten, ist Bertha von Suttner lange eng befreundet. Auch Nobel will Kriege verhindern, aber er glaubt, das sicherste Mittel dazu sei, eine Waffe zu erfinden, so furchtbar, dass niemand mehr einen Krieg wagen würde.
Bertha von Suttner dagegen setzt auf Verträge und internationale Schiedsgerichte, auf Recht statt Gewalt und die Ächtung des Kriegs als Mittel der Politik.
Endlich auch dran
Dass Alfred Nobel in seinem Testament einen Friedenspreis stiftet, ist ihr zu verdanken. Davon ist Bertha von Suttner fest überzeugt und auch davon, dass er den Preis ihr vor allem zugedacht hatte. Nach Nobels Tod 1896 rechnet sie fest damit, ihn als Erste zu erhalten. Aber Proteste von Nobels Familie gegen das Testament und politische Spannungen blockieren die Arbeit der Stiftung und als der Friedenspreis 1901 endlich verliehen wird, übergeht man sie.
Ihre Enttäuschung ist groß und die Ehrung von Henri Dunant, dem Gründer des Roten Kreuzes, erscheint ihr als Unglück für die Sache: denn wer den Krieg humaner machen wolle, erleichtere das Kriegführen, statt es zu verhindern. Erst im fünften Jahr erhält Bertha von Suttner den Friedenspreis, als erste und für weitere sechsundzwanzig Jahre einzige Frau.