Die strahlende Sonn und der stürmische Wind haben auf eine Zeit mit einander gewettet, um eine ehrliche Discretion und Gabe, wer stärker von beiden sei. Nachdem sie einander die Hand darauf gegeben, mußte die Prob geschehen an einem Wandersgesellen, der mit seinem Binkerl oder Ranzen in die Fremde gereist, und wer diesem seinen Mantel samt den Kleidern werde abziehen, der solle victorisiert und gewonnen haben. – Der Wind, der ohnedas ein stolzer und aufgeblasener Gesell, machte den Anfang und beginnt, mit solcher Gewalt zu blasen und rasen, daß bei einem Haar dem armen Handwerksbürscherl der Hut wäre vom Kopf geflogen. Wie aber der gute Mensch solches vermerkte, da hat er dergestalten den Hut an den Kopf gedruckt, daß auch ein Binder oder Kiefer den Reif ans Faß nit besser zwingen könnt; desgleichen hat er sich auch dermaßen in den Mantel eingewickelt, daß auch ein Zigeunerweib ihr Kind nit besser könnte einfetschen; ja, zu mehrer Sicherheit hat er sich an einen großen Eichbaum gelehnt, um alldort solang zu verharren, bis der tobende Wind den Kehraus pfeifte. Wie solches der Wind wahrgenommen, da hat er alsobald am Sieg verzweifelt. – Hierauf hat die Sonn ihre Kräfte angespannt und dem reisenden Wandergesellen, so sich allbereits wieder auf den Weg gemacht hat, angefangen auf den Buckel zu stechen und nach und nach denselben mit den hitzigen Strahlen zu quälen, daß er erstlich den Mantel abgelegt, nachgehends den Wammes und, wie er zu einem Bach gekommen, gar alle Kleider ausgezogen und sich darin durchs Baden abgekühlt, wodurch die Sonn den glorreichen Sieg erhalten; der tobende Wind aber mit seinem Sturm hat nichts ausgerichtet.
Durch diese Fabel will der hl. Petrus Damianus andeuten, daß man öfter mit glimpflicher Manier, mit Sanftmut und Güte mehr ausrichte, absonderlich im Ehestand, als mit unmäßiger Schärpfe.