德语科幻短篇：Shifting

 Parletschenkov'sche Enzyklopädie der Allgemeinsprache: 

Shifting (Stand: 08. Dezember 2051) 

Das Wort Shifting kommt aus dem umgangssprachlichen Gebrauch und bezeichnet das Implantieren von technischen Geräten in den Körper von Tieren oder Menschen zur Steigerung deren Leistungsfähigkeit. 

Implantation 

Im Gegensatz zur Implantation von künstlichen Organen oder Körperteilen, bei medizinischer Notwendigkeit, werden beim Shifting gesunde Körperteile durch künstliche ersetzt bzw. mit diesen ergänzt um deren physische Leistungsfähigkeit zu steigern. 

An diesem Punkt setzen die Kritiker an: Es werde ein medizinisches Risiko eingegangen und moralisch wider der Natur gehandelt ohne dass eine "natürliche" Notwendigkeit bestünde. Ebenso behaupten Kritiker, dass durch die Eingriffe, die sich durch die hohen Kosten nur reiche Personen leisten können, die Zweiklassengesellschaft forciert wird. Dieser Punkt wird von Statistiken untermauert; Laut diesen waren im Jahr 2040 38% der Führungspositionen von geshifteten Personen besetzt. Im Jahr 2050 waren es bereits 57,6%. Im Gegensatz dazu waren 70% der Erwerbslosen nicht geshiftet. 

Geschichte 

Die Ursprünge des Shiftings findet man im Bereich der Prothesen. Diese gab es bereits in einfacher Form 2000 v. Christus in Ägypten. Im Mittelalter wurden sie aus Holz oder Metall verfertigt und im 20. Jahrhundert wurden sie zunehmend technischer. In den 1990'ern begannen Ärzte und Forscher mit Versuchen technische bzw. elektronisch Geräte in den menschliche Körper zu implantieren. So bekam 1996 ein Blinder Mann eine Kamera in die Augenhöhle eingepflanzt, die direkt mit dem Sehnerv verbunden wurde. Er konnte damit Hell und Dunkel erkennen. 

Ebenso wurden für Leistungssportler Prothesen entwickelt, die nicht nur verlorene Extremitäten ersetzten, sondern auch deren Funktion im Bewegungsablauf übernahmen. 

Umstritten war auch der Entschluss des amerikanischen Senats Shiftings für das Militär bereitzustellen. Freiwillige wurden damals mit Beförderungen belohnt. Das Militär war von da ab auch wesentlich an der Entwicklung von leistungsverbessernden Implantaten beteiligt. Ab dem Jahr 2012 nahm die amerikanische Polizeibehörde geshiftete Anwärter auf. In Europa ab 2020. 

Wortherkunft 

Die Bezeichnung Shifting geht auf einen Vorfall bei einer Demonstration im Jahre 2038 zurück, bei der ein Demonstrant nach einer Misshandlung verstarb. Folgendes Geschehen wurde im Nachhinein unter Hilfenahme von Zeugenaussagen und Aufzeichnungen von Überwachungskameras, sowie dem Polizeiprotokoll rekonstruiert. 

Am 01. Februar hat die religiöse Gemeinschaft für die Wahrung und Erhaltung der Natur(GWEN) eine Kundgebung für den 24. August angemeldet. Im speziellen sollten neben den Themen "Wiederaufbau tropischer Wälder" und "Eindämmung der Rodung von Meeresböden" auch "Einschränkung des Shiftings" behandelt werden. Gerade wegen dem letzteren Themas haben die Behörden die Kundgebung als problematisch eingestuft. Denn Veranstaltungen zum Thema Shiftingverbot ziehen bevorzugt Erwerbslose und sozial schlechtgestellte Bevölkerungsgruppen in großen Mengen an. 

Bereits früh am Morgen des 24. August füllte sich der Platz mit Menschen. Viele führten Transparente, Trommeln oder Trillerpfeifen mit sich. Die Menschenmenge versammelte sich vor der Tribüne mit einem Rednerpult und Lautsprechern. Gegen 8:30 Uhr begannen die Veranstalter mit Reden ihre Thesen zu verbreiten und ihre Ideologien kund zu tun. Am Vormittag und frühen Nachmittag verlief die Veranstaltung wie geplant. Es wurden Reden gehalten und die Masse verhielt sich größtenteils ruhig und gesittet. Mit fortschreitender Tageszeit bildete sich jedoch am Ostflügel der Menschenmenge eine Gruppe, die aggressive Tendenzen zeigte. Die Polizei traf Vorkehrungsmaßnahmen um Gewaltausbrüche zu vermeiden und erhöhte dort ihre Präsenz. Ebenso wurde ein Krisenberater bereitgestellt. Langsam und stetig bauschte sich jedoch die aggressive Stimmung immer weiter auf. Gegen 16:00 Uhr bildeten die Beamten eine Mauer gegen die Demonstranten und stationierten Wasserwerfer hinter der Polizeilinie. Um 16:24 eskalierte die Lage; die Menge begann Wurfgeschosse gegen die Polizisten zu schleudern. Worauf die Wasserwerfer zum Einsatz kamen und kurze Stöße abgefeuert wurden. Kurzzeitig beruhigte sich die Lage wieder, um 16:44 Uhr stürmten jedoch einige Demonstranten mit Stöcken und Schlagwergzeugen auf die Polizeimauer ein und eine offene Konfrontation war nicht mehr zu vermeiden. Die Polizei setzte Tränengas ein um die Menge auseinander zu treiben. Um 16:50 Uhr isolierte eine Gruppe von Polizisten, darunter auch der Beamte Jason Shift, den Anführer der stürmenden Menge und brachte ihn hinter die Polizeilinie. Dieser widersetzte sich der Festnahme und schlug Jason Shift einen Stein auf dem Kopf, worauf die Lage weiter eskalierte. Die Polizisten schlugen mit Stöcken und Tritten auf den Täter ein. Die Kollegen berichteten, dass Shift sich zurückhielt und nicht zuschlug. Der Gruppenkommandant forderte ihn jedoch auf, es der "Sau" zu zeigen. Das er ja nur ein halber Mensch sei, da er keine Implantate habe. "Schlag zu! Wenn's wir alle waren, war's keiner.", soll er Jason angeschrieben haben. Die anderen der Gruppe standen um den wimmernden Körper am Boden und blickten auf Jason. Dieser stand da, blickte in die Gesichter seiner Freunde, dann schlug er mit Tritten auf sein Opfer ein, zuerst sehr zögerlich, jedoch wurden seine Tritte mit jedem Schlag kräftiger. Und jedes mal spürte er mehr Adrenalin in seinem Adern und ein Gefühl von Macht in seiner Brust. Wie im Rausch schlug er zu. Immer und Immer wieder, ohne zu merken was mit ihm geschah. Jeder Schrei seines Opfers kam ihm wie eine Aufforderung, erneut zu Schlag, vor. Bang, Bang, Bang. 

Als er wieder zu sich kam, stand er einige Schritte abseits und spürte die festen Griffe seiner Kollegen, die ihn von seinem Opfer abhielten. Er blickte auf den Boden und sah zwei Sanitäter die versuchten einem toten Körper Leben einzuhauchen. Er stand mit offenen Mund da und versuchte die Bilder, die auf ihn eindrangen, zusammenzufügen; Der Körper am Boden, die Sanitäter, seine Kollegen, die ihn festhielten. Sein Kopf war leer. Er begriff es nicht. Er hatte Angst vor sich selbst. Ein Kollege führte ihn zu einem gepanzerten Transportwagen. Er sprach kein Wort. 

Die Kundgebung war vorbei und die Polizisten wurden in den Transportwägen wieder in die Kaserne gebracht. Am Weg nachhause meinte sein Gruppenführer, "Das drehen wir schon hin, mach' dir mal keine Sorgen.". 

Seine Kollegen berichteten später, dass Jason den restlichen Tag einen sehr verstörten Eindruck gemacht hatte. Er habe kein Wort gesprochen und wirkte sogar apathisch. 

Am nächsten Morgen fanden Kollegen Jason Shift tot in seinem Zimmer. Er hatte sich in der Nacht erhängt. Am Schreibtisch lag ein Blatt Papier mit den, von zittriger Hand geschriebenen, Worten :" Keiner hat das Recht zu gehorchen." 

Die späteren Ermittlungen ergaben, dass Jason Shift, obwohl in seiner Akte etwas anderes stand, keine Implantate besaß. Dass er trotzdem körperliche Leistungen erbrachte, die normal nur mit einem Implantat zustande zu bringen sind, führten die Ärzte auf eine außergewöhnliche natürliche Begabung zurück. Es wird vermutet, dass er seine Akte selbst manipuliert hat, um nicht diskriminiert zu werden. 

Die Beamten aus der Gruppe der Misshandlung wurden zunächst suspendiert und im Verlauf der folgenden Wochen in unterschiedliche Abteilungen verlegt. 

Die Medien machten diesen Vorfall und die Ermittlungen zum wichtigsten Thema für mehrere Wochen. Sie schufen auch den Begriff "shifting", der in die Alltagssprache einfloss. Jason Shift wurde als Opfer seiner Lage dargestellt und der Gruppenführer wurde zum Sündenbock deklariert. Er wurde aus dem Polizeidienst entlassen und wegen Diskriminierung, Vernachlässigung seiner Dienstpflicht, Seelische Misshandlung Untergebener, unterlassene Hilfeleistung und fahrlässige Tötung vor Gericht gestellt. Das Gericht sprach ihn schuldig und verurteilte ihn zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe.