In den letzten Tagen haben Ägyptens Militär und die Sicherheitsbehörden mithilfe von tatkräftigen Maßnahmen eine gewisse Sicherheit und Stabilität im Land herbeigeführt. Im Zuge dieser Maßnahmen hat die Übergangsregierung führende Mitglieder der Muslimbrüderschaft verhaftet. Die Organisation steht vor einer ungewissen Zukunft.
Ex-Präsident Mohammed Mursi, selbst Anhänger der Muslimbrüderschaft, wurde am 3. Juli vom Militär des Amtes enthoben. Dies hat zu anhaltenden Demonstrationen seiner Anhänger geführt. Am 14. August hat die Polizei eine Räumung der Protestlager der Mursi-Anhänger umgesetzt und danach landesweit mehr als 100 hochrangige Mitglieder der Muslimbrüder verhaftet. Am 20. August wurde der Vorsitzende der Muslimbrüder, Mohammed Badie, festgenommen.
Beobachter sind der Ansicht, die großangelegte Verhaftung der Kernmitglieder durch die Polizei ziele darauf ab, deutlich zu machen, dass die Interimsregierung die nationalen Sicherheit und Stabilität mit allen Mitteln wahren will. Obwohl die Muslimbrüder zu Protesten auf friedliche Weise aufgerufen haben, können auch sie sich der Verantwortung für einige blutige Auseinandersetzungen nicht entziehen. Nach der kürzlichen Umsetzung des Ausgehverbots erklärte der ägyptische Ministerpräsident Hazem al-Biblawi, nach einer Normalisierung der Lage in Ägypten werde der Prozess des politischen Übergangs umgehend in Gang gesetzt. Dabei würden keine politischen Kräfte ausgeschlossen. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Tür zu einer politischen Versöhnung für die Muslimbrüder noch offen ist.
Diese stehen nun also am Scheideweg. Nach einer 85-jährigen Entwicklung verfügt die fein organisierte Institution über zahlreiche Mitglieder. Ein totales Auseinanderbrechen der Brüderschaft ist daher nicht zu erwarten. Manche Mitglieder könnten sich aufgrund der Einschüchterung durch das Militär eine politische Versöhnung unterstützen. Andere Teile hingegen dürften unbeirrt am Widerstand festhalten. Radikale Mitglieder könnten sich sogar an islamische Dschihadisten wenden.
Experten weisen darauf hin, dass die Muslimbrüder immer viele Sympathisanten im Volk hatten, besonders in der Unterschicht der Gesellschaft. Mit einer Beteiligung am politischen Prozess könnte die Brüderschaft wieder erstarken. Eine nicht-kooperativen Haltung oder sogar ein Pakt mit Extremisten könnte die Muslimbrüder nicht nur aus der ägyptischen Politik manövrieren, sondern auch in der internationalen Gemeinschaft isolieren.