Durch die Straßen der Stadt zogen unzählige Menschen. Sie alle hatten die verrücktesten Verkleidungen an. Hin und wieder warfen sie mit Bonbons und kleinen Blumensträußen.
»Ist der Rosenmontag nicht ein toller Tag?«, fragte Papa seine Tochter Sofie, die auf seinen Schultern saß und sich das bunte Treiben ansah.
»Ja, das macht einen riesigen Spaß.«
In diesem Moment fiel Papa die Neugier seiner kleinen Tochter ein. Er seufzte und bereitete sich auf die kommende Frage vor.
»Warum heißt der Tag heute Rosenmontag?«, fragte Sofie neugierig.
Papa kratzte sich am Kinn. Er dachte noch nach.
»Das ist eine sehr gute Frage. Dazu fällt mir eine Geschichte ein, die ich erst kürzlich gehört habe. Sie handelt zufällig vom Rosenmontag. Und die werde ich dir jetzt erzählen.«
Sofie strahlte über das ganze Gesicht.
»Oh ja, eine Geschichte.«
»Und wie fängt eine Geschichte immer an?«, fragte Papa.
Sofie lachte schon voller Vorfreude und antwortete: »Ich weiß es. Sie beginnt mit den Worten ›Es war einmal‹.«
»Ja, das stimmt. Absolut richtig. Also, es war einmal …«
Es war einmal in der Stadt Köln ein junge, wunderschöne Frau mit dem Namen Eisabeth, auf deren Liebe ein junger Mann namens Paul hoffte. Doch bisher hatte sie ihr Herz nicht an ihn verschenkt, denn Paul traute sich nicht, ihr seine Liebe zu gestehen.
Tag für Tag saß er hinter seinem Fenster und beobachtete Elisabeth, wenn sie die Straße entlang ging. Nur zu gern wäre Paul nach draußen gestürmt und hätte ihr eine Rose geschenkt. Aber dazu war er viel zu schüchtern.
»Wenn ich doch bloß mutiger wäre.«, verfluchte er sich dann immer selbst.
Doch das ganze Gejammer brauchte ihn auch nicht weiter. Es musste endlich etwas passieren.
Niedergeschlagen ging Paul eines Abends ins Gasthaus und traf sich dort mit seinen Freunden.
»Sie ist so schön, so unglaublich schön.«, schwärmte er mal wieder.
Seine Freunde verdrehten die Augen.
»Müssen wir uns das noch oft anhören? Du nervst ganz schön.«, grummelte Hans und schüttelte den Kopf.
»Schnapp dir endlich das Mädchen und werde glücklich mit ihr.«
Doch davon wollte Paul nichts wissen. Er wusste doch gar nicht, wie er das anstellen sollte. Also klagte er den anderen lieber sein Leid.
Doch plötzlich begann Hans zu grinsen.
»Ich habe da eine Idee. Ich werde dir zu deinem Glück verhelfen. Am Montag ist es dann so weit.«
Paul verstand nichts. Das hatte Hans auch so beabsichtigt. Mit einem Lächeln stand er auf und verließ die Runde.
»Verbringt bitte den Abend ohne mich, meine lieben Freunde. Ich habe noch ein paar Vorbereitungen zu machen. Am Montag wird der Paul endlich seine Freundin bekommen.«
Der Montag war gekommen. Paul war unglaublich aufgeregt. Er wusste noch immer nicht, was heute geschehen sollte, als Hans ihn zu Hause abholte.
»Hier zieh das an, komm mit mir mit und stell keine Fragen.«
Paul war verwirrt und sah in die Tasche hinein, die er nun in Händen hielt. Im Innern fand er ein Kostüm.
»Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich damit das Herz einer Frau gewinnen kann, oder?«
Hans schüttelte den Kopf.
»Ich sagte doch, du sollst keine Fragen stellen.«
Ein paar Minuten später sahen sich die beiden zum Verwechseln ähnlich. Beide hatten sich in bunte Clowns verwandelt.
»Los geht’s. Wir wandern jetzt gemeinsam zum Dom. Dort wartet schon die schöne Elisabeth auf eine Überraschung. Ich habe sie um elf Minuten nach elf Uhr her bestellt, ohne ihr zu sagen, worum es geht.«
Vor Pauls Augen drehte sich alles. Er verstand nichts mehr.
»Warum wandern wir gemeinsam? Wer ist denn da noch?«
Die Antwort auf seine Frage bekam er nur wenige Sekunden später, als er das Haus verließ. In allen Straßen standen unzählige Clowns bereit. Sie alle sahen so aus wie er.
»Du meine Güte, das sieht aus, als wären das alle Männer der gesamten Stadt.«
Hans nickte zufrieden.
»Und wir marschieren nun gemeinsam zur Elisabeth und werden sie überraschen.«
In einem großen Umzug gingen nun die Clowns zum Dom. Als sie nacheinander vor Elisabeth traten, holten sie jeweils eine einzelne Rose hervor, legten sie ihr zu Füßen und flüsterten ihr etwas zu. Es war immer der selbe Satz:
»Er liebt dich.«
Der letzte in der Reihe war Paul. Sein Herz pochte wie wild. Er hatte große Angst. Doch plötzlich wurde ihn klar, dass er nichts zu verlieren hatte.
»In diesem Kostüm wird sie mich nicht einmal erkennen. Also kann es gar nicht so schlimm werden.«
Er warf alle Angst fort, kniete sich vor Elisabeths Füßen auf den Boden, hielt ihr eine Rose hin und gestand ihr seine Liebe. Dann sah er ihr tief in die Augen und wartete gespannt auf ihre Antwort.
»Ich liebe dich auch, mein Paul.«, waren ihre Worte.
Dann fiel sie ihm um den Hals und gab ihm einen langen Kuss.
Sofie strahlte von einem Ohr zum anderen, während sich eine ältere Dame neben Papa leise räusperte.
»Das war eine tolle Geschichte. Aber ich glaube ihnen davon kein einziges Wort.«
Nun musste Sofie laut lachen.
»Hey, das sage ich doch sonst immer.«