Lara sah sich um und betrachtete alles ganz genau. Doch bevor sie fertig war, rief Papa schon wieder nach ihr.
»Lara, nun bleib nicht ständig stehen. Du wirst noch Löcher in die Luft starren.«
Lara schnaufte beleidigt und lief den Waldweg hinab, ihren Eltern hinterher.
»Aber Papa, es ist doch Sonntag und wir haben ganz viel Zeit. Warum kann ich mir denn dann nicht auch mal etwas Interessantes anschauen?«
Papa klopfte mit seinem Zeigefinger auf seine Armbanduhr.
»Es ist schon spät und wir wollen doch einen schönen Spaziergang machen und nicht in der Weltgeschichte herum schauen.«
Mama nickte und ging bereits weiter.
»Spaziergänge sind gesund. Man ist an der frischen Luft. Davon bekommst du Farbe ins Gesicht.«
Lara schüttelte sich innerlich. Sie wusste, was Mama damit sagen wollte. Abends würde sie alle rote Wangen haben. Doch in ihrem Kopf hatte sie plötzlich die Vorstellung, dass jemand mit einem Eimer hinter dem nächsten Baum hervor gesprungen kam und ihnen allen Farbe ins Gesicht pinseln wollte.
Lara lachte und hielt sich den Bauch.
»Nun komm schon.«, mahnte Papa.
»Und lach uns nicht aus. So etwas macht man nicht.«
Also gehorchte Lara und lief weiter. Doch schon nach wenigen Metern blieb sie wieder stehen. Sie lauschte in den Wald hinein und versuchte zu entdecken, was sie gerade gehört hatte.
»Da war doch ein Geräusch.«, murmelte sie.
»Irgendwo zwischen den Büschen ist doch etwas. Das weiß ich ganz genau.«
Aber so sehr sie sich auch anstrengte, es war nichts zu entdecken.
»Du bleibst ja schon wieder stehen.«
Nun war es Mama, die gerade schimpfen wollte.
»Ich komme ja schon. Ich dachte ich hätte einen Stein im Schuh.«
Diese Ausrede hatte schon oft geholfen. Sie tat es auch dieses Mal.
Und da war es schon wieder. Ein seltsames Geräusch kam von der linken Seite. Es schien die Spaziergänger zu verfolgen.
Lara blieb stehen und sah sich um.
»Wer ist denn da?«, flüsterte sie.
Aber es kam keine Antwort. Es war nichts mehr zu hören. Nur die Grillen zirpten weiter vor sich hin. Alles andere blieb aber still.
Schon wollte Lara weiter gehen, als sich etwas bewegte und unter einem Busch hervor gekrabbelt kam. Es war ein kleines, felliges Wesen mit großen Knopfaugen.
»Was bist du denn für ein Tier?«
Die Fellkugel richtete sich auf und straffte seine Figur.
»Ich bin kein Tier. Ich bin ein Wünsch-dir-was.«
Lara bekam ganz große Augen.
»Ein Wünsch-dir-was? Was soll das denn sein? Davon habe ich ja noch nie gehört.«
»Wer mich im Wald entdeckt und findet, hat einen Wunsch frei, den ich ihm erfülle. Darum bin ich ein Wünsch-dir-was.«, erklärte das Wünsch-dir-was.«
In diesem Moment rief Papa wieder nach seiner Tochter.
»Lara, wo bleibst du denn? Bist du schon wieder irgendwo stehen geblieben? Nun beeil dich endlich. Wir wollen unseren Spaziergang fortsetzen.«
Lara verdrehte die Augen und seufzte.
»Meine Eltern sind heute richtig nervig. Ich darf nie stehen bleiben und mir etwas im Wald anschauen. Das verschwendet zu viel Zeit. Wenn sich das doch bloß mal ändern würde.«
In diesem Moment hatte das Wünsch-dir-was eine Idee.
»Ich glaube, ich kann dir dabei helfen. Du musst dir einfach nur das Richtige wünschen.«
Lara verstand sofort, sprach ihren Wunsch aus und das kleine, fellige Wesen verschwand.
»Lara? Wo bleibst du?«, rief Mama laut.
»Schau mal, was wir hier entdeckt haben. Das musst du dir unbedingt anschauen.«
Lara wollte ihren Ohren nicht trauen. Mama und Papa hatten etwas entdeckt?
Tatsächlich. Hinter der nächsten Kurve standen ihre Eltern am Wegesrand und besahen sich neugierig einen kleinen Strauch mit Beeren, von denen sie sich bereits ein paar in den Mund gesteckt hatten.
»Die sind ja sooo lecker.«, schwärmte Mama.
»Das werdet ihr niemals glauben, wenn ihr es nicht seht.«, rief Papa plötzlich von der anderen Seite.
Er hatte einen kleinen Igel unter einem Baum entdeckt.
»Ist der nicht putzig?«
Lara musste grinsen. Ihre Eltern hatten auf einmal ganz viel Zeit zum stehen bleiben, umschauen und entdecken. Das war der schönste Spaziergang ihres Lebens.