Es ist auch schon gefunden, wie für uns gemacht; in einem Walde nicht weit von hier sitzt ein zwanzigjähriger Jägerssohn, welcher noch kein Weib angesehen hat; denn er ist blindgeboren. Deswegen ist er auch zu nichts zu gebrauchen, als zum Garnflechten und hat vor einigen Tagen ein neues, sehr schönes Schnepfengarn zustande gebracht. Aber als der alte Jäger es zum ersten Male ausspannen wollte, kam ein Weib daher, welches ihn zur Sünde verlocken wollte; es war aber so häßlich, daß der alte Mann voll Schreckens davo
nlief und das Garn am Boden liegenließ. Darum ist ein Tau darauf gefallen, ohne daß sich eine Schnepfe fing, und war also eine gute Handlung daran schuld. Als er des andern Tages hinging, um das Garn abermals auszuspannen, kam eben ein Reiter daher, welcher einen schweren Mantelsack hinter sich hatte; in diesem war ein Loch, aus welchem von Zeit zu Zeit ein Goldstück auf die Erde fiel. Da ließ der Jäger das Garn abermals fallen und lief eifrig hinter dem Reiter her und sammelte die Goldstücke in seinen Hut, bis der Reiter sich umkehrte, es sah und voll Grimm seine Lanze auf ihn richtete. Da bückte der Jäger sich erschrocken, reichte ihm den Hut dar und sagte: Erlaubt, gnädiger Herr, Ihr habt hier viel Gold verloren, das ich Euch sorgfältig aufgelesen!' Dies war wiederum eine gute Handlung, indem das ehrliche Finden eine der schwierigsten und besten ist; er war aber so weit von dem Schnepfengarn entfernt, daß er es die zweite Nacht im Walde liegenließ und den nähern Weg nach Hause ging. Am dritten Tage endlich, nämlich gestern, als er eben wieder auf dem Wege war, traf er eine hübsche Gevattersfrau an, die dem Alten um den Bart zu gehen pflegte und der er schon manches Häslein geschenkt hat. Darüber vergaß er die Schnepfen gänzlich und sagte am Morgen: Ich habe den armen Schnepflein das Leben geschenkt; auch gegen Tiere muß man barmherzig sein!' Und um dieser drei guten Handlungen willen fand er, daß er jetzt zu gut sei für diese Welt, und ist heute Vormittag beizeiten in ein Kloster gegangen. So liegt das Garn noch ungebraucht im Walde und ich darf es nur holen." Holt es geschwind!" sagte Spiegel, es wird gut sein zu unserm Zweck!" Ich will es holen," sagte die Eule, steht nur solang Wache für mich in diesem Loch, und wenn etwa die Meisterin den Schornstein hinaufrufen sollte, ob die Luft rein sei? so antwortet, indem Ihr meine Stimme nachahmt: Nein, es stinkt noch nicht in der Fechtschul'!'" Spiegel stellte sich in die Nische, und die Eule flog still über die Stadt weg nach dem Wald. Bald kam sie mit dem Schnepfengarn zurück und fragte: Hat sie schon gerufen?" Noch nicht!" sagte Spiegel.
Da spannten sie das Garn aus über den Schornstein und setzten sich daneben still und klug: die Luft war dunkel, und es ging ein leichtes Morgenwindchen, in welchem ein paar Sternbilder flackerten. Ihr sollt sehen," flüsterte die Eule, wie geschickt die durch den Schornstein heraufzusäuseln versteht, ohne sich die blanken Schultern schwarz zu machen!" Ich hab' sie noch nie so nah gesehen," erwiderte Spiegel leise, wenn sie uns nur nicht zu fassen kriegt!" Da rief die Hexe von unten: Ist die Luft rein?" Die Eule rief: Ganz rein, es stinkt herrlich in der Fechtschul'!" und alsobald kam die Hexe heraufgefahren und wurde in dem Garne gefangen, welches die Katze und die Eule eiligst zusammenzogen und verbanden. Haltet fest!" sagte Spiegel, und Binde gut!" die Eule. Die Hexe zappelte und tobte mäuschenstill, wie ein Fisch im Netz; aber es half ihr nichts und das Garn bewährte sich auf das beste. Nur der Stiel ihres Besens ragte durch die Maschen. Spiegel wollte ihn sachte herausziehen, erhielt aber einen solchen Nasenstüber, daß er beinahe in Ohnmacht fiel und einsah, wie man auch einer Löwin im Netz nicht zu nahe kommen dürfe. Endlich hielt die Hexe still und sagte: Was wollt ihr denn von mir, ihr wunderlichen Tiere?" Ihr sollt mich aus Eurem Dienste entlassen und meine Freiheit zurückgeben!" sagte die Eule. So viel Geschrei und wenig Wolle!" sagte die Hexe, du bist frei, mach' dies Garn auf!" Noch nicht!" sagte Spiegel, der immer noch seine Nase rieb, Ihr müßt Euch verpflichten, den Stadthexenmeister Pineiß, Euren Nachbar, zu heiraten auf die Weise, wie wir euch sagen werden, und ihn nicht mehr zu verlassen!" Da fing die Hexe wieder an zu zappeln und zu prusten wie der Teufel, und die Eule sagte: Sie will nicht dran!" Spiegel aber sagte: Wenn Ihr nicht ruhig seid, und alles tut, was wir wünschen, so hängen wir das Garn samt seinem Inhalte da vorn an den Drachenkopf der Dachtraufe, nach der Straße zu, daß man Euch morgen sieht und die Hexe erkennt! Sagt also: Wollt Ihr lieber unter dem Vorsitze des Herrn Pineiß gebraten werden, oder ihn braten, indem Ihr ihn heiratet?"