Lernen Jungen und Maedchen in getrennten Klassen effektiver?
--Die Erfahrungen mit differenzierter Koedukation sind vielversprechend
Koedukation ist heute in Deutschland eine Selbstverstaendlichkeit.Man versteht darunter die gemeinsame Erziehung von Jungen und Maedchen in der Schule,wie sie seit dem 19. und dann vor allem im 20.Jahrhundert in zunehmendem Masse praktiziert wurde.
Nun scheint es einen neuen erfolgversprechenden Weg in der Schulerziehung zu geben:Differenzierte Koedukation heisst das Erziehungsrezept der 90er Jahre.Das bedeutet:In Faechern,die ein maennliches oder weibliches Rollenverhalten besonders beguenstigen(wie Mathematik oder Sprachen),werden Jungen und Maedchen getrennt unterrichtet,in den restliche Faechern gemeinsam.Seit Anfang der 90er Jahre wird dieses Modell erprobt denn Paedagogen sind sich darin einig,dass eine formale Gleichstellung der Geschlechter noch lange keine Chancengleichheit garantiert.
An einigen Realschulen und Gymnasien verschiedener Bundeslaender wird die differenzierte Koedukation allerdings auf freiwilliger Basis durchgefuehrt,mit gutem Erfolg,wie es scheint:Das Lernklima sei besser,Schuelerinnen seien selbstbewusster,trauten sich in den maennlich dominierten Disziplien wie Mathematik,Physik und Informatik mehr zu.
Ausloeser der Krise der Koedukation waren nur schwer zu veraendernde Verhaltensmuster:Maedchen zeigten vor allem Interesse fuer Sprachen und soziales Engagement,Jungen hingegen begeisterten sich fuer Technik und Naturwissenschaften.Studien wie die Feminisierung des Studiums(1991) der Sozialwissenschaftlerin Ute Korg-Krieger machten deutlich,dass Absolventinnen reiner Maedchenschulen auf diese Rollen weniger festgelegt sind:Abiturientinnen aus Maedchenklassen studieren haeufiger als Maedchen aus gemischten Klassen die harten Ingenieur-und Naturwissenschaften.
Eine Renaissance der Maedchenschulen,die eigentlich laengst nicht mehr zeitgemaess schienen,war damit programmiert.Stadt und Staat genehmigten darueber hinaus ein geschlechtsspezifisches,differenziertes Unterrichtsangebot in naturwissenschaftlichen Faechern.Wer will,kann es machen,so lautet die Auskunft des Kulturministeriums.Bisher ziehen jedoch nur relativ wenige Schulen mit,da ein solches Angebot in den meisten Faellen zusaetzliche Kosten verursacht.Mittlerweile wird auch die Jungenfoerderung als notwendig anerkannt.Da Jungen vor allem in den Sprachen Defizite haben,bieten manche Schulen nun Jungenkurse in Deutsch und Englisch an-allerdings ist auch dies bisher freiwillig.
(nach:Christine Burtscheidt in SZ 25.2.98)
Wortangaben:
Dominieren beherrschen
e Disziplin (hier) s Fach
soziales Engagement—r Einsatz fuer die Gemeinschaft,e Bemuehung um die Gruppe
e Absolventin s Maedchen,das die Schule abgeschlossen hat;e Abiturientin
e Renaissance e Zeit,in der etwas wieder interessant wird; e Wiedergeburt
Aufgaben:Bitte antworten Sie in ganzen Saetzen und mit eigenen Worten
Textarbeit:
1. Erklaeren Sie die Bedeutung der folgenden Ausdruecke:
a)maennliches/weibliches Rollenverhalten (1*)
b)Lernklima (1*)
2. Erlaeutern Sie den Satz. …Paedagogen sind sich darin einig,dass eine formale Gleichstellung der Geschlechter noch lange keine Chancengleichheit garantiert. (3*)
3. Worin liegt(Ihrer Meinung nach) der Grund dafuer,dass Abiturientinnen aus reinen Maedchenklassen haeufiger als andere Ingenieur-und Naturwissenschaften studieren? (3*)
4. Welche Nachteile koennte das Konzept der differenzierten Koedukation Ihrer Ansicht nach haben? (2*)
Textproduktion:Bitte bearbeiten Sie beide Aufgaben:
5.a)Gibt es Koedukation bzw. differenzierte Koedukation auch in Ihrem Land,und wie waren Ihre eigegen Erfahrungen in der Schule?
b)Wir werden nicht als Jungen oder Maedchen geboren,wir werden dazu gemacht.Erklaeren Sie diese These und nehmen sie dazu Stellung.