TEXTWIEDERGABE
Arbeit macht krank Arbeitslosigkeit auch
Fast acht Millionen Menschen in Deutschland sind auf der Suche nach einem Arbeitsplatz.Hunderttausende dagegen arbeiten weit mehr als der Durchschnitt.Insgesamt 1,8 Millionen Ueberstunden leisten Arbeiter und Angestellte jaehrlich in der Bundesrepublik.Dabei sind leitende Angestellte und Manager,die ihrem Beruf oft sechzig und mehr Stunden pro Woche widmen,nicht einmal eingerechnet.Die Schere zwischen Ueberforderung einerseits und Unterforderung durch Arbeitslosigkeit andererseits geht immer weiter auseinander.Das gesunde Mittelma?zwischen Arbeit und Leben scheint langsam verlorenzugehen.Die Berufstaetigen,die zwar intensiv,aber zeitlich begrenzt und als Herr ihrer Zeit arbeiten und deshalb ein ausgeglichenes Leben fuehren,scheinen immer seltener zu werden.Die einen lassen sich von ihrem Terminkalender und den Arbeitsanforderungen terrorisieren,waehrend die anderen in der unbefriedigenden und aengstigenden Leere der Beschaeftigungslosigkeit versinken.
Die seelischen Kosten der beruflichen Leistung sind teilweise erheblich.Nicht nur die Konkurrenz und die Qualitaet,d.h. die Ueberstunden,haben zugenommen,sondern auch die Anforderungen an die Qualitaet der Arbeit werden immer hoeher.Die Mitarbeiter sollen sich teilweise bis zur Erschoepfung fuer ihre Arbeit einsetzen;sie haben kaum noch Zeit fuer soziale Kontakte,fuer eine kleine Unterhaltung unter Kollegen.Sie haben weder Zeit und Ruhe,ueber etwas nachzudenken noch etwas zu planen.Hektisch rasen sie von Termin zu Termin.Im staendigen Kampf um die Karriere wird alles dem falschen Gott Effektivitaet?geopfert.Und wer nicht funktioniert,der verliert seine Stelle oder gibt selber auf.
Das Karlsruher Institut fuer Arbeits-und Sozialhygiene stellte in einer Studie fest,dass jede fuenfte Fuehrungskraft unter ihrem Beruf leidet.Der Erfolg sei fuer manche leitenden Angestellten so etwas wie Salzwasser:Je mehr sie davon trinken,desto durstiger werden sie,bis sie innerlich daran zerbrechen.So werde Arbeit zu Suchtmittel gegen innere Konflikte und Leere.Die bekannten Folgen treten ein,wie stressbedingte Krankheiten ,z.B.Herz-,Kreislaufstoerungen,Magenschmerzen oder Alkohol-und Medikamentenmissbrauch.Aber nach den Erfahrungen der Forscher leidet auch die Psyche unter der uebermaessigen Arbeit.
Die Seele wehrt sich mit Nervenzusammenbruechen,Lustlosigkeit oder noch erhoehter Arbeitssucht.Auch im sozialen Bereich wirkt sich der Stress auf den ueberforderten Menschen aus,und zwar vereinsamt er oder er bekommt Schwierigkeiten mit der Familie und seinen Freunden,weil er sich keine Zeit mehr fuer sie nimmt.
Zwar sind die Unterschiede zwischen den Vielarbeitern und den Arbeitslosen gross aber wenn man die koerperlichen,seelischen und sozialen Folgen ihrer Lebensfuehrung vergleicht,dann erkennt man erstaunliche Parallelen zwische beiden Gruppen.Denn nach einer weiteren Untersuchung wachsen mit der Dauer der Arbeitslosigkeit gesundheitliche und familiaere Probleme,ausserdem nehmen Alkohol-und Drogenabhaengigkeit zu.Als typische Folgen des Kontaktmangels und des Gefuehls der Nutzlosigkeit und Minderwertigkeit registrieren Aerzte bei den Arbeitslosen recht aehnliche Beschwerden wie bei den Vielbeschaeftigten,naemlich Herz-,Kreislaufstoerungen,Lustlosigkeit,Depressionen und Aggressionen.
Es stellt sich also heraus,dass sowohl Ueberforderung als auch Unterforderung den Menschen krank machen koennen.Und wie so oft im Leben,kommt es auch hier auf das gesunde Mittelma?an,will man zufrieden und ausgeglichen durchs Leben gehen.