Alice stand noch eine Weile am Waldesrand und überlegte, was sie dort bei dem Häuschen anfangen sollte; dabei beobachtete sie aus der Ferne, wie ein Lakai in einem Livreeanzug und mit einem Fischgesicht auf das Haus zulief und dort einen Briefumschlag überbrachte, der so groß war wie er selbst.
"Das ist doch ein Fisch in Uniform!", wunderte sich Alice und beobachtete, wie er den Brief umständlich abstellte und an die Tür klopfte, wo ihm ein anderer Lakai öffnete, der ebenfalls eine Livree trug. Allerdings hatte dieser ein Froschgesicht. Beide Figuren waren ungewöhnlich herausgeputzt, hatten weiß gepudertes Haar, das in Locken um ihren Kopf lag und an den Seiten in Schillerlocken herabhing. Alice hörte, wie der Fischlakai zum Froschlakai sagte: "Eine Einladung von ihrer Majestät, der Königin, zum Krocketspiel."
"Es musste sich also um ein herrschaftliches Haus handeln, wenn hier Diener in Uniform und gepuderten Perücken arbeiteten", dachte Alice bei sich und wieder fand sie, dass sie solche Bilder bisher nur aus Märchen kannte. Als der Fischlakai wieder weg war, kam sie neugierig näher, ging langsam auf die Tür des Hauses zu und klopfte an. Von innen drang ohrenbetäubender Lärm nach draußen. Plötzlich öffnete sich die Tür mit Karacho von selbst und herausgeflogen kam in hohem Bogen ein großer Teller, der im Flug sogar die Nase des Froschlakais streifte, der inzwischen im Garten saß, dann weiter flog und an einem nahegelegenen Baum zerschellte. Der Froschlakai aber blieb davon ganz unbeeindruckt und meinte zu Alice, dass sie nicht anzuklopfen brauche und auch nicht hineingehen müsse, weil sie bereits drinnen sei.
Alice stutzte. "Drehte sich nun die Welt ganz und gar, wie ein Karrussell", fragte sie sich. "Nicht genug, dass sie bisher alle Viertelstunde größer und kleiner geworden war und nicht mehr genau gewusst hatte, wo oben und unten war. Jetzt sollte sie auch noch drinnen und draußen, hier und da, vorne und hinten nicht mehr kennen? Das war ja zum Auswachsen!" Alice ließ den Froschlakai einfach links liegen und ging geradewegs in das Haus hinein. "Hatschiiii", nieste sie beim Eintreten laut, anstatt sich vorzustellen. Jetzt stand sie in einer total mit Feuerqualm verrauchten Küche, in der eine mürrisch dreinblickende Köchin in einem großen dampfenden Suppentopf rührend am Herd stand, auf dem gleichzeitig eine Teekanne tutete und pfiff. Sie pfefferte die Suppe immer wieder aus einer großen, reich verzierten Pfefferdose.
Neben dem Herd hockte eine still und breit vor sich hin grinsende große Katze. Auf einem Hocker mitten im Raum saß die Herzogin und wiegte ein heulendes und ununterbrochen niesendes Baby im Arm. Alice beobachtete, wie die Köchin unentwegt die Suppe pfefferte und dann mit einem Messer eine Tasse durchschnitt, um aus der halben Tasse Tee zu trinken. Im Nu war die Tasse leer und sie schenkte sich wieder nach. Auch die Herzogin trank - wie die Köchin - eine Tasse Tee nach der anderen, während die Tassen und das Geschirr auf dem Regal schepperten und klirrten. Die Köchin nahm die Suppe vom Herd und begann plötzlich, Töpfe und allerlei Geschirr nach der Herzogin zu werfen. Die aber reagierte nicht einmal, als das Porzellan sie traf und in Scherben zu Boden fiel. Einer der Teller segelte sogar so nah an dem Baby vorbei, dass es dessen Nase streifte, aber niemand machte sich etwas daraus, außer, dass das Wickelkind noch lauter weinte als es sowieso schon heulte. Alice schaute sich das gesamte Spektakel an und überlegte, wie sie eine Persönlichkeit wie die Herzogin wohl ansprechen sollte.
"Mit Verlaub, warum grinst Ihre Katze so?", fragte sie schließlich etwas schüchtern. "Weil es eine Grinsekatze ist", antwortete diese, dabei unaufhörlich das weinende Baby heftig im Arm auf und abschaukelnd. Dann rief die Herzogin, plötzlich in Eile: "Fast hätte ich es vergessen, ich muss mich fertig machen für das Krocketspiel bei der Königin." Flink wandte sie sich Alice zu: "Hier! Du kannst das Baby auch mal schaukeln. Fang es auf!", dabei warf sie das Neugeborene Alice bereits durch die Luft entgegen. Alice konnte das Baby gerade noch rechtzeitig auffangen, da war die Herzogin auch schon auf und davon. Alice schaute sich das Baby nun aus der Nähe an. Es war ein merkwürdig unförmiges Geschöpf. Alice hatte Schwierigkeiten, es im Arm zu behalten, so zappelte die kleine Kreatur. Ja, und es weinte zwar, aber aus seinen Augen quollen überhaupt keine Tränen. Außerdem glich sein Aussehen mehr einem Schweinchen als einem Menschenbaby, ja, es grunzte sogar.
Alice dachte: "Aber wenn ich es nicht mitnehme, haben sie es hier binnen weniger Tage umgebracht." Also behielt sie es auf dem Arm. Wieder grunzte das kleine Ding! War es tatsächlich ein Schweinebaby? Nun, die Nase glich tatsächlich einer Schnauze und die Augen waren wirklich auffallend klein. "Wenn du ein Schwein wirst, dann will ich dich nicht behalten", sage sie zu dem Baby in ihrem Arm und ging mit ihm an die frische Luft. Sie betrachtete das Tier im Freien draußen noch genauer und dachte darüber nach, was sie wohl mit einem Schweinchen anfangen sollte, wenn sie wieder zuhause war und kam zu dem Schluss, "ja, es ist - so finde ich - zwar ein gutaussehendes Schweinebaby, aber ich will es nicht behalten." Also setzte sie es ins Gras und war erleichert, als sie es über die Wiese davonlaufen sah.
Wie sie noch so über das Ferkel nachdachte, bekam sie einen Höllenschreck, denn sie bemerkte über sich im Baum plötzlich auf einem Ast sitzend die schwarze, breit grinsende Katze aus dem Haus der Herzogin. "Cheese, cheese, cheese… Miez, miez", lockte Alice sie, denn sie beschloss, die Katze freundlich anzusprechen. Sie hatte ziemlich lange Krallen und zeigte eine ganze Menge großer, scharfer gebleckter Zähne. "Kannst du mir sagen, wie ich von hier aus weitergehen soll?", fragte sie. "Das kommt ganz darauf an, wohin du gehen möchtest", säuselte die Katze. "Das ist egal. Ich möchte nur irgendwo ankommen", erwiderte Alice, die jetzt schon wieder etwas mehr Mut gefasst hatte. "Dann mußt du nur lange genug gehen, dann wirst du sicher irgendwo ankommen", entgegnete daraufhin die Grinsekatze. "Welches aber ist die genau richtige Richtung und wer wohnt dort?", wollte Alice nun wissen. "In dieser Richtung wohnt ein Hutmacher und in dieser Richtung ein Märzhase. Es ist egal, zu wem du gehst, alle beide sind verrückt", war die Antwort der schwarzen Katze. "Aber ich möchte nicht zu verrückten Personen gehen", sagte Alice. "Das wird schwer möglich sein, denn wir sind hier alle verrückt. Ich bin verrückt, du bist verrückt", sagte die Katze zu Alice, als ob sie Gedanken lesen könnte. "Woher willst Du wissen, dass ich verrückt bin?", sagte Alice. "Du musst verrückt sein, sonst wärst Du nicht hier", antwortete die Katze und gab ein langes, wohliges, aber doch eher nach einem Hund klingendes "rrrr" von sich. "Sieh mal, ich wedle mit dem Schwanz, wenn ich verärgert bin und ich knurre, wenn ich mich wohl fühle", sagte die Katze. "Ich nenne das schnurren, nicht knurren", verbesserte Alice. "Ach, nenn es, wie du willst!", antwortete die Katze und fragte Alice dann:
"Spielst Du heute auch Krocket bei der Königin?" "Das würde ich zwar gerne, aber ich bin leider nicht eingeladen", sagte Alice. "Dann treffen wir uns dort!", bestimmte die Katze und löste sich in Luft auf. Während Alice noch antworten wollte und ungläubig auf die Stelle sah, wo die Katze soeben verschwunden war, erschien das Katzengesicht plötzlich wieder aufs Neue und fragte: "Übrigens, was ist aus dem Baby geworden?" Als Alice sagte, es habe sich in ein Schweinchen verwandelt, verschwand die Katze wieder und murmelte: "Das habe ich mir gedacht." Alice wartete noch eine Weile, weil sie dachte, die Katze erschiene noch einmal, ging aber, als das nicht geschah, ihrer Wege in die Richtung des Hauses des Märzhasen.
Auf ihrem Weg schaute sie zufällig hinauf in einen Baum und wollte zuerst ihren Augen nicht trauen: dort saß schon wieder die Katze auf einem Ast. "Sag mal, hast Du Schwein oder Reim gesagt?", fragte die Katze diesmal. "Schwein!", fiel Alice stotternd zu sagen ein. Ihr müsst wissen, Alice war mittlerweile schon ganz schwindelig vom ständigen Erscheinen und Verschwinden der Katze. "Nun gut, diesmal will ich ganz langsam verschwinden", sagte dann die Katze, die Gedanken lesen konnte, und verschwand diesmal nach und nach. Zuerst der Schwanz, dann ihr Körper, und zuletzt blieb der Kopf noch grinsend in der Luft stehen. Dann war nur noch ihr Grinsen da und schließlich löste sich auch das ganz langsam in Luft auf. Alice schaute auf die Stelle, wo die Grinsekatze eben verschwunden war und war stumm vor Verwunderung. So etwas hatte sie noch nie gesehen.
Sie wusste zwar, dass sie schon Katzen ohne Grinsen gesehen hatte, aber noch nie Grinsen ohne Katze. Als Alice über all das nachdachte, fand sie, dass es die verwunderlichste Sache war, die sie je gesehen hatte. Derweil war sie weiter gegangen und näherte sich einem Haus, von dem sie annahm, dass es das Märzhasenhaus war, denn das Dach war mit Fell bedeckt und der Schornstein hatte die Form von Hasenohren. Alice biss schnell noch ein wenig von dem Pilzrest ab, den sie die ganze Zeit in der linken Hand hielt, um wieder etwas größer zu werden und war nun etwa 60 cm groß. Sie sah von weitem den Hutmacher, den Märzhasen sowie eine kugelig eingerollt schlafende Haselmaus an einem großen Gartentisch unter einem Baum sitzen.
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