Wo sind denn die Geschenke hin?
Eine lustige Geburtstagsgeschichte von Laras 6. Geburtstag (Kindergeburtstagsgeschichte)
Vor nicht allzu langer Zeit, ist meine Nichte Lara sechs Jahre jung geworden. An diesem Tag waren wir und all unsere anderen Verwandten auf ihrer Geburtstagsfeier eingeladen. Mein Mann und ich hatten ihr ein Malset als Geschenk mitgebracht, das wir direkt nach Ankunft, auf Anordnung der Mutter, auf den Geburtstagsgeschenke- Tisch zu den anderen Präsenten stellen sollten. Man konnte Lara ansehen, dass ihr das gar nicht recht war. Viel lieber wollte sie das Geschenkpapier sofort zerreisen, um den Inhalt zu begutachten. Aber dann zucke sie mit den Schultern, lächelte und sagte: „Naja, bis nach dem Kaffee ist ja nicht mehr lang!“. Fragend schauten wir drein, „Was meint sie damit?“. Die Mutter ergänze sofort: „ Ich habe Lara gesagt, dass sie erst nach dem Kaffee ihre Geschenke auspacken darf.“ „Ach so!“, entgegnete ich, „Aber so wie es aussieht, dauert es noch ein wenig, bis alle anderen Gäste eingetroffen sind.“.
Wir legten unsere Jacken und Handtasche ab und gingen ins große Esszimmer. Dort setzen wir uns an den gedeckten Tisch und warteten. Alle bereits Anwesenden unterhielten sich angeregt, als Lara Tränen überströmt ins Zimmer rannte und mit greller Stimme schrie: „Welcher gemeine Kerl hat meine Geschenke gestohlen, der soll sie mir wiedergeben!“. Die Mutter eilte aus der Küche herbei. Wir waren alle geschockt und trauten unseren Ohren nicht. Die Geschenke – gestohlen? Im gesammelten Trupp eilten wir in den Flur, wo der Geschenketisch aufgestellt war und tatsächlich, nur noch ein kleines Päckchen von den vielen Geschenken war übrig geblieben. Dann bemerkte Sascha, Laras Vater, dass seine Arbeitsstiefel verschwunden waren. Ja, und meine Handtasche war auch nicht zu finden. Die Geschwister von Lara, Daniel und Bastian, kamen just von draußen herein gestürmt: „ Mama, Papa, unser Sandspielzeug ist weg!“. “
Ratlosigkeit machte sich für einen Moment lang breit, bis mein Mann geistesgegenwärtig die Geburtstagsgesellschaft in Suchtrupps à 3 Personen einteilte. Nahezu heroisch fügte er hinzu „Der Dieb muss noch in der Nähe sein. Wir werden diesen Halunken finden, der kleinen Kindern die Geschenke und Spielsachen stiehlt! Dann hat er nichts mehr zu lachen...“. Lara und ihre Mutter, die sowieso beginnen musste, das Abendessen vorzubereiten, blieben daheim und bildeten sozusagen das Basisteam im Hauptquartier. Wir anderen suchten und suchten, liefen durch sämtliche Straßen des Ortes, schauten in jeden Winkel, in jeden Schuppen. Etwa ein-einhalb Stunden später waren alle wieder im Haus versammelt ohne einen Erfolg. Keiner hat die verschwunden Sachen gefunden. Nicht einmal eine fremde oder verdächtige Person war uns aufgefallen. „Der ist bestimmt über alle Berge“, rief eine Stimme aus der Geburtstagsgesellschaft. „Vermutlich,“ entgegnete die Mutter, die mit Herz und Seele damit beschäftigt war, ihre noch immer aufgelöste Tochter zu beruhigen.
Da wir alles erdenkliche versucht hatten, die verschwunden Geschenke wieder zu beschaffen, setzen wir die Geburtstagsfeier mit Kaffee und Kuchen fort. Aber richtig glücklich war niemand. Das Stück Kuchen blieb mir fast im Halse stecken als aus Richtung Küche erst ein Rascheln, dann der Lärm eines zerbrechenden Keramikbehältnisses zu vernehmen war. „Der Dieb ist wieder da?!“ dachten wohl alle zur gleichen Zeit, sprangen von ihren Sitzplätzen auf und rannten zur Küche. Wir konnten nicht glauben, was wir dort sahen. Ein kleiner putziger Hund mit hellem goldgelben Fell, der mit einer Würstchenkette umwickelt war. Er schaute uns an, wir schauten ihn an - Sekunden der Stille und des Staunens. Dann raste der kleine Übeltäter los, durch unsere Beine hindurch, den Flur hinaus, die Treppe hinunter und wir sofort hinterher. Im Keller verloren wir seine Spur. Wir standen da, schauten uns um und hielten den Atem an. Da, ein Hecheln aus dem Heizraum. Als wir die spaltoffene Tür weiter öffneten sahen wir die Geschenke, meine Handtasche und alles, was verschwunden gewesen war. Irgendwo dahinter begann der kleine Hund wie ein Raubtier zu knurren. Vorsichtig näherte sich Sascha dem unheimlichen Geräusch, griff hinter das größte Geschenk und holte den kleinen Hund hervor und wandte sich Lara zu: „Alles Gute zum Geburtstag, meine Liebe. Wir dachten, wenn du jetzt an deinem 6. Geburtstag alt genug für die Schule wirst, bist du auch alt genug, für einen Hund.“. Laras Augen funkelten im künstlichen Licht. Sie nahm ihr wohl größtes Geschenk in die Arme, knuddelte es und meinte: „Das erste, was ich dir beibringen werde ist, dass du nie, nie wieder meine Geburtstagsgeschenke stehlen darfst, gell.” (eine Kurzgeschichte von Tina Steeger)
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