Die Welt feiert Dirk Nowitzki. Aber hat der Triumph des 2,13-Meter-Riesen genügend Strahlkraft, um dem deutschen Basketball auf die Sprünge zu helfen? Kurzfristig hofft der Verband auf die Teilnahme des Superstars bei der EM. Doch Nowitzki wiegelt ab.

Der deutsche Basketball ist für Dirk Nowitzki derzeit ziemlich weit weg. Nach dem Titelgewinn in der NBA am Sonntag eilen die Spieler der Dallas Mavericks um den deutschen Superstar derzeit von Feierlichkeit zu Feierlichkeit. «In den letzten Tagen war überhaupt nicht ans Bett zu denken. In Miami sind wir direkt nach dem Spiel, ohne etwas zu essen, mit dem Bus von der Arena in einen Club gefahren. Gefeiert, eine Stunde geschlafen, nach Dallas geflogen und dort den riesigen Empfang mitgemacht. Dann kurz nach Hause und schon ging es wieder los», sagte Nowitzki. Am morgigen Donnerstag (17 Uhr MESZ) steigt der Triumphzug durch die Millionen-Metropole Dallas, 250.000 Menschen werden erwartet.

Auf die Europameisterschaft im August und September (31. August bis 18. September) angesprochen, sagte Nowitzki dem Sportportal spox.com: «Ich weiß nicht einmal genau, wann die EM ist. Bis Sonntag habe ich mich nur auf die eine Sache konzentriert, jetzt will ich erstmal genießen.» In der Bild-Zeitung meldete Nowitzki Zweifel hinsichtlich seiner geplanten EM-Teilnahme an: «Wegen der EM müssen wir uns noch mal zusammen setzen, wenn ich wieder in Deutschland bin. Es war eine sehr lange Saison und dann kommt ja auch noch meine Fingerverletzung hinzu.» Nach einem klaren Bekenntnis für das Nationalteam klingt das nicht.

Nowitzki ist das einzige Zugpferd der deutschen Szene

Dabei rechnen die deutschen Verantwortlichen fest damit, dass der derzeit beste Basketballer der Welt in der Ukraine dabei ist. Nationaltrainer Dirk Bauermann hatte zuletzt erklärt: «Wir hoffen natürlich, dass er im Sommer für die Nationalmannschaft spielt. Und jetzt, von der Euphorie getragen, glauben wir, dass die Chancen da sehr gut sind.»

Doch nicht nur sportlich ist der Deutsche Basketball-Bund (DBB) auf Dirk Nowitzki angewiesen. Denn nach wie vor ist der 2,13-Meter-Mann das alleinige Zugpferd der deutschen Korbjäger. «Wenn Dirk beim Supercup in Bamberg und den Länderspielen gegen China in München sowie Berlin dabei ist, erwarte ich volle Hallen. Denn wer hat schon die Chance, einen NBA-Champion live spielen zu sehen», sagt DBB-Präsident Ingo Weiss. Für den deutschen Verband ist Nowitzkis Titelgewinn eine unbezahlbare Marketingmaßnahme und ein weltweiter Imagegewinn. Entscheidend wird jedoch sein, wie der DBB diese Chance zu nutzen weiß.

Nowitzki rückt Europa in den Blickpunkt

Und auch die deutsche Bundesliga (BBL) erhofft sich von Nowitzkis gigantischem Erfolg etwas Rückenwind. «Wir erwarten jetzt sicherlich keinen wahnsinnigen Aufschwung, aber doch etwas Wind unter den Flügeln», sagt BBL-Geschäftsführer Jan Pommer im Gespräch mit news.de. «Ich würde mich freuen, wenn das gerade bei den Nachwuchsspielern etwas ankurbelt.» Pommer glaubt, dass Nowitzkis Triumph den europäischen Basketball mehr in den Blickpunkt der NBA-Scouts rückt: «Ich glaube schon, dass die NBA ihr Augenmerk nun verstärkt auf Europa legt.»

Auch wenn er die NBA mit der BBL gar nicht erst vergleichen mag, ist Pommer mit der Entwicklung der deutschen Liga insgesamt zufrieden. «Wir müssen keine Sauerstoffmasken anlegen, aber der Trend zeigt doch deutlich nach oben.» Im Vergleich zur Situation vor vier Jahren, als das Ligensystem neu strukturiert wurde, haben sich die Etats der Erstligisten um insgesamt 80 Prozent gesteigert, in die Hallen kommen 40 Prozent mehr Zuschauer. Auch die TV-Quoten haben sich verbessert. Natürlich alles auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Das vierte Finalspiel um die Deutsche Meisterschaft zwischen Alba Berlin und den Brose Baskets aus Bamberg verfolgten im Spartenkanal Sport 1 insgesamt lediglich 230.000 Zuschauer an den Bildschirmen. Das entspricht einem Marktanteil von 0,8 Prozent. Noch also hat der Nowitzki-Boom keine Auswirkungen auf Deutschland. Vielleicht wird das ja anders, wenn der erste deutsche NBA-Meister für die Nationalmannschaft aufläuft. Dazu sollten sie in der Geschäftsstelle des DBB Dirk Nowitzki jedoch erst einmal mitteilen, wann die EM eigentlich stattfindet.