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关于13-16岁女孩的德语故事:Lehrerin und Schülerin-5
日期:2024-09-04 10:29  点击:230

Gretchen ging die Treppe hinunter, aber nur zwei Stufen, dann blieb sie stehen, denn auf einmal wurde es ihr klar: „Ich muß zu dem Mann hinein, ich kann’s nicht ertragen, daß er so falsch denkt über Fräulein von Zimmern. Wenn er auch zornig ist über mich, was macht’s? Höchstens bekomme ich auch eine Ohrfeige, wie seine Ruth von mir, dann sind wir quitt!“ Ohne weiter zu überlegen, kehrte Gretchen um, klopfte an der Kanzleitüre und trat ein. Das erste, was sie bemerkte, war, daß der Forstrat doch nicht allein war; ein junger Bursch stand schreibend an einem Pult. Das war Gretchen eine unangenehme Entdeckung, aber jetzt konnte sie nicht mehr zurück. Sie ging auf den Herrn zu, der sich nach ihr umwandte, und sagte deutlich, aber mit einer Stimme, die doch leise bebte: „Ich möchte Sie um Verzeihung bitten, weil ich heute in der Schule gegen die kleine Ruth so unfreundlich war.“

 

Der Mann hatte kaum diese Worte gehört, als sich seine Stirn in finstere Falten zog. Er wandte sich zu dem jungen Schreiber. „Machen Sie Schluß!“ rief er. Der legte sofort seine Feder weg, ging aber nicht auf die Türe zu, sondern nach einem andern Pult, auf dem einige geschlossene Briefe lagen. Ungeduldig fuhr ihn der alte Herr an: „Wird’s bald?“

 

„Soll ich nicht die Briefe –“

 

Da unterbrach ihn der Forstrat und donnerte ihn an: „Nichts sollen Sie, fort sollen Sie, Schluß!“ Der junge Mann riß seinen Mantel vom Nagel, gönnte sich aber nicht mehr die Zeit, ihn anzuziehen, sondern drückte sich eilends zur Türe hinaus.

 

Inzwischen hatte Gretchen sich überlegt, was sie sagen wollte: nur vor allem das, was zu Fräulein von Zimmerns Rechtfertigung nötig war; wenn sie nur das sagen konnte, ehe vielleicht ihr, wie dem unschuldigen Schreiber, die Türe gewiesen wurde! Herzhaft redete sie den Forstrat an: „Ich gehe gleich wieder, aber ich muß Ihnen sagen, daß Fräulein von Zimmern ganz und gar nichts für das kann, was heute vorgefallen ist. Sie hat mir gleich gesagt, wie arg es ihr sei, und daß ich künftig die Stunden nicht mehr geben darf.“

 

„So?“ rief der Forstrat, „wenn Fräulein von Zimmern so etwas ‚arg‘ ist, warum stellt sie dann solche Mädchen als Lehrerinnen an wie Sie, die selbst noch halbe Kinder sind? Ist das auch in der Ordnung und erlaubt?“ Er trat dicht vor Gretchen und rief immer lauter: „Wie alt sind Sie eigentlich? Haben Sie überhaupt schon Ihr Examen bestanden? Können Sie sich vor einer Klasse Respekt verschaffen? Haben Sie das Recht, zu lehren? Das ist die heillose Sucht der jungen Mädchen heutzutage, daß sie Geld verdienen wollen, wenn sie kaum aus der Schule entlassen sind! Wenn dann so einer jungen Lehrerin die Sache zu schwierig wird, dann reißt ihr die Geduld und die Kinder werden blutig geschlagen, wie die meinige heute. Das könnte Fräulein von Zimmern wissen, sagen Sie ihr das!“ Ungestüm lief der erregte Mann im Zimmer auf und ab, während er so seinem Zorn Luft machte.

 

Gretchen war ganz bestürzt über all die Vorwürfe, aber sie faßte sich schnell und sagte: „Ich habe das Kind nicht blutig geschlagen, ich habe ihm in der Ungeduld, weil es durchaus nicht Ja und nicht Nein geantwortet hat, einen einzigen Schlag auf die Backe gegeben und dann hat die Kleine Nasenbluten bekommen. Fragen Sie nur Ruth, sie wird Ihnen sagen, daß es so war.“ Der Forstrat hatte bei den letzten Worten seinen Marsch eingestellt und machte Halt vor Gretchen. „Nasenbluten, sagen Sie? War’s so? Ja? Dann hat man mir ganz falsch erzählt!“

 

„Ja, und es ist auch falsch, wenn Sie meinen, ich sei eine Lehrerin und werde bezahlt. Ich gehe doch selbst noch in die Schule, in die Oberklasse; ich gab nur Ruth die Nachhilfstunden und von jetzt an darf ich auch das nicht mehr.“

 

„Sind Sie denn nicht die französische Lehrerin, Fräulein Bertrand?“

 

„Nein, o nein,“ rief Gretchen, „Fräulein Bertrand ist eine rechte Lehrerin, ganz, ganz anders, als ich! Ich bin bloß Gretchen Reinwald.“ 

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11/25 10:24