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Briefwechsel mit Goethes Mutter:An Frau Rat Goethe
日期:2024-08-30 17:21  点击:219
Frau Rat, Sie hat eine recht garstige Hand, eine wahre Katzenpfote, nicht die, mit der Sie im Theater klatscht, wenn der Schauspieler Werdi wie ein Mülleresel dahertrappst und tragisches Schicksal spielen will, nein, sondern die geschriebene Hand ist häßlich und unleserlich. Mir kann Sie zwar immer so undeutlich, wie Sie will, schreiben, daß ich ein albernes Ding bin; ich kann's doch lesen, gleich am ersten großen A. Denn was sollte es sonst heißen? Sie hat mir's ja oft genug gesagt; aber wenn Sie an Ihren Herrn Sohn schreibt von mir, befleißige Sie sich der Deutlichkeit; die Mildeberger Trauben hab' ich noch herausgekriegt, die Sie in chaldäischen und hebräischen Buchstaben verzeichnet hat, ich werde Ihr eine ganze Schachtel voll bestellen, das hätt' ich auch ohnedem getan. Der Herr Schlosser hat mir übrigens nichts Besondres in Ihrem Brief geschrieben. Ich kann das auch nicht leiden, daß Sie sich die Zeit von ihm vertreiben läßt, wenn ich nicht da bin, und ich sag' Ihr: lasse Sie ihn nicht auf meiner Schawelle sitzen, er ist auch so einer, der Laute spielen will und glaubt, er könne auf meiner Schawelle sitzen, und Sie auch, wenn Sie ihn sooft sieht, so bild't Sie sich ein, er wär' besser als ich; Sie hat so schon einmal geglaubt, er wär' ein wahrer Apoll von Schönheit bis ich Ihr die Augen aufgetan habe, und die Fr. Rat Schlosser hat gesagt, daß, wie er neugeboren war, so habe man ihn auf ein grünes Billard gelegt, da habe er so schön abgestochen und habe ausgesehen wie ein glänzender Engel; ist denn Abstechen eine so große Schönheit? Adieu, ich sitze in einer Raufe, wo die Kuh den Klee herausfrißt, und schreibe; schreib' Sie das nicht an Ihren Sohn; das könnte ihm zu toll vorkommen, denn ich selbst, wenn ich denke: ich fände meinen Schatz im Kuhstall sitzen und zärtliche Briefe an mich schreiben, ich weiß auch nicht, wie ich mich benehmen sollte. Doch sitze ich hier oben aus lauter Verzweiflung, und weil ich mich versteckt habe, und weil ich allein sein möchte, um an ihn zu denken. Adieu Fr. Rat.
 
Wir haben gestern beim Primas zu Mittag gegessen, es war Fasttag; da waren wunderliche Speisen, die Fleisch vorstellten und doch keins waren. Da wir ihm vorgestellt wurden, faßte er mich am Kinn und nannte mich kleiner Engel, liebliches Kind; ich fragte, wie alt er denn glaubt, daß ich sei? »Nun, zwölf Jahre allenfalls.«»Nein, dreizehn«, sagte ich. »Ja«, sagte er, »das ist schon alt, da müssen Sie bald regieren.«
 
(Die Antwort fehlt.) 

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