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埃布纳-埃申巴赫德语寓言:Eine dumme Geschichte. II.
日期:2024-08-06 09:59  点击:295
Hundert Jahre später hauste der Ururenkel des gewaltigen Ritters auf der Burg. Er war ein friedfertiger Herr, der sich der Gelehrsamkeit befliß, und besaß eine kleine lebhafte Frau und zwei schöne Kinder. Die spielten dereinst Verstecken im halb verfallenen Pagenthurm, fanden dort im Schutte den Stiefelknecht und brachten ihn ihrer Mutter.
 
Die kleine Frau wunderte sich über das seltsame Ding, und da sie vor lauter Neugier lesen gelernt hatte, machte sie sich gleich daran, die Schriftzüge, mit denen es bedeckt war, zu entziffern. Dabei wurde ihr Gesicht immer freundlicher; plötzlich lachte sie laut auf, und ihre Kinder lachten mit; sie hüpfte und tanzte mit dem Stiefelknecht im Zimmer herum, und die Kinder tanzten und sprangen wie Böcklein und jubelten über den Jubel ihrer Mutter.
 
Der Freudentaumel hatte seinen höchsten Grad erreicht, da kam der Herr Vater von der Gesundheits-Promenade, die er täglich zu unternehmen pflegte, nach Hause. Er steckte den Kopf zur Thür herein und sagte:
 
»Unziemlich ist es zu jubeln und zu tanzen am Wochentage. Weichet hinweg zur Schulstube, ihr Kinder, und Du, Thusnelda. Geliebte, zieh' mir die Stiefel aus.«
 
»Schwerlich, schwerlich«, sprach die kleine Frau und machte dazu einen complicirten mittelalterlichen Knix, »für die Stiefel meines Herrn hat sich ein Knecht gefunden, die Magd kündigt den Dienst,« und sie stellte den Stiefelknecht dem Gatten vor die Füße.
 
»Thuschen, wonnevolle," war Alles, was er im ersten Augenblick hervorbrachte.
 
Er mußte sich auf einen Sessel niederlassen, denn ihm schwindelte.
 
Vor seinem ahnungsvollen Geiste stieg ein neues Capitel der damals noch völlig unbekannten Culturgeschichte auf. Er sah alle Frauen dem Beispiel der seinen folgen, und alle Männer darauf angewiesen, sich ihrer Stiefel von einem fühllosen Instrumente entledigen zu lassen statt von liebender Hand.
 
»Mein armer Sproß,« sprach er nach einer langen Pause und legte die Rechte auf seines siebenjährigen Söhnlein« Haupt. »Die gefüge Magd kündigt den Dienst. Hast Du's gehört und wird Dir schlimm wie mir? Unfroher Zukunft reist mein Sproß entgegen; verschoben zwischen Mann und Frau ist das Verhältniß."
 
»Nur ein wenig zurechtgerückt,« versetzte Thusnelda und streichelte ihres Töchterchens Locken.
 
»Mich jammert Deines Irrwahns,« klagte der Gatte; »hinweggetilgt mit der minniglichen Frauen Demuth wird des Hauses Eintracht sein.«
 
»Ja, ja,« erwiderte sie, »die Eintracht zwischen Unterwürfigkeit und Gewalthaberei wird wohl hinweggetilgt sein.«
 
Er sah sie mit großen, runden, bestürzten Augen an.
 
»Sollen wir hinkünftig auch die Kindlein in die Welt setzen und ihrer warten?« fragte er.
 
Die Frau schlug die Hände zusammen: »Gott steh' mir bei! von den Lippen meines Hochgelahrten entfleucht Unsinn.«
 
Und er wurde böse und sprach: »Wer hat Dir solche Rede zu mir erlaubet? Meine Zornwuth weckst Du. Törichte Weiber! Preis zu erjagen gedenket Ihr, und werdet sinken im Preise und sitzen bleiben Alle! Kein männlicher Mann wird werben um ein Gespans, das sein nicht magdlich pflegen will. Unweise und untergeordnet in allen Stücken dem Manne seid Ihr Weiber. Was an Euch ehren soll er, wenn nicht die Ehre, so Ihr ihm bietet; was lieben an Euch, wenn nicht die Liebe, so Ihr zu ihm traget? ...
 
Er wollte noch weiter reden, aber Thusnelda unterbrach ihn durch ein lautes Gelächter. »Schön Dank für dieses Geständniß, o Du mein trauter, aufrichtiger Geselle!« sagte sie und schlang ihre Arme um seinen Hals.
 
Die Ehegatten umarmten einander, während ihre Kinder sich in der entgegengesetzten Ecke des Gemaches prügelten, weil das Bübchen gesagt hatte, es werde nie eine Frau nehmen, die sich weigere, ihm die Stiefel auszuziehen, und das Schwesterchen ihm dafür eine Ohrfeige versetzt hatte.
 
»Laßt ab vom Kampfe, Ihr Kinder,« befahl der Vater. »Vernunft angenommen hat die reine Süße, Eure Mutter.«
 
»O weh!« jammerte sie, ihr hübsches Köpfchen zur Achsel neigend. »Wie thut das Herz mir weh, daß ich eine Frau nur bin, und demnach unweise, demnach unfähig, Vernunft anzunehmen. So hat mein gelahrter Herr gesagt, und seinem Worte darf ich nicht zuwider handeln.«
 
»Nicht zuwider handeln,« murmelte der Gatte und versank in tiefes Sinnen. »O liebe Frau, die Folgen find unabsehbar," sprach er endlich, seufzte und — bediente sich des Stiefelknechts. 

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