Es war einmal ein reicher Mann. der am Wohlthun eine so große Freude fand, daß er ihretwegen jede andere Freude, ja sogar jedes eigene Behagen aufgab. Er wohnte in einer Dachstube, nährte und kleidete sich ärmlich, und galt in Folge dessen bei allen seinen Bekannten für einen abscheulichen Geizhals. Obwohl er das wußte, brachte er es doch nicht über sich, irgend Jemandem einen Einblick in seine Vermögensverwaltung zu gestatten. Sich selbst gab er von derselben genaue Rechenschaft in einem Buche, das er sorgfältig führte, und das er Denen zu hinterlassen gedachte, deren Tadel ihn am meisten verdrossen hatte.
Er wurde alt, und am Ende seiner Tage und seines Reichthums angelangt, blieb das Buch sein Glück, seine Erquickung. Wenn er darin las, stiegen beseligende Erinnerungen vor ihm empor; er sah Verzweifelte wieder hoffen, sah gebrochene Menschen sich aufrichten an seiner Hand. Und die todten Buchstaben belebten sich, und aus den stummen Blättern klang es wie leises Jauchzen heraus, wie hold geflüsterter Segen.
Die Sterbestunde des Greises kam; zum letzten Male griff er nach seinem Buch und dachte: ich gehe, aber du bleibst und wirst von mir erzählen. —
Da durchblitzte ihn plötzlich die Frage: und was? — daß mir unrecht geschehen... den Einen gleichgültig, den Anbem ein ewiger Stachel? Wem zum Nutzen? Keinem. Nur mir zum Nachruhm...
Beschämt senkte er sein Haupt. Angesichts der großen Stunde, wie klein erschien ihm, womit er sich vertröstet hatte, viele Jahre hindurch! Wie klein, wie eitel!