81.
Die Natur hat leicht verschwenden; auch das scheinbar ganz nutzlos Verstreute fällt zuletzt doch in ihren Schoß.
82.
Der kleinste Fehler, den ein Mensch uns zu Liebe ablegt, verleiht ihm in unseren Augen mehr Werth, als die größten Tugenden, die er sich ohne unser Zuthun aneignet.
83.
Es ist schlimm, wenn zwei Eheleute einander langweilen, viel schlimmer jedoch ist es, wenn nur Einer von ihnen den Andern langweilt.
84.
Die größte Gewalt über einen Mann hat die Frau, die sich ihm zwar versagt, ihn aber in dem Glauben zu erhalten versteht, daß sie seine Liebe erwidere.
85.
Was noch zu leisten ist, das bedenke; was Du schon geleistet hast, das vergiß.
86.
Wer die materiellen Genüsse des Lebens seinen idealen Gütern vorzieht, gleicht dem Besitzer eines Palastes, der sich in den Gesindestuben einrichtet und die Prachtsäle leer stehen läßt.
87.
Im Laufe des Lebens nützen unsere Laster sich ab, wie unsere Tugenden.
88.
Die Welt gehört Denen, die sie haben wollen, und wird von Jenen verschmäht, denen sie gehören sollte.
89.
Wenn ich nicht predigen müßte, würde ich mich nicht kasteien, sagte ein wahrheitsliebender Priester.
90.
Treue üben ist Tugend, Treue erfahren ist Glück.
91.
Der Augenblick tritt niemals ein, in welchem der Dummkopf den Weisen nicht für fähig hielte, einen Unsinn zu sagen oder eine Thorheit zu begehen.
92.
Die Gleichgültigkeit, der innere Tod, ist manchmal ein Zeichen von Erschöpfung, meistens ein Zeichen von geistiger Impotenz und immer — guter Ton.
93.
Was liegt am Ruhm, da man den Nachruhm nicht erleben kann?
94.
Wir sind für nichts so dankbar wie für Dankbarkeit.
95.
Es darf so mancher Talentlose von dem Werke so manches Talentvollen sagen: Wenn ich das machen könnte, würde ich es besser machen.
96.
Dilettanten haben nicht einmal in einer secundären Kunst etwas Bleibendes geleistet, sich aber verdient gemacht um die höchste aller Wissenschaften, die Philosophie. Den Beweis dafür liefern: Montaigne, La Rochefoucauld, Vauvenargues.
97.
Wenn wir auch der Schmeichelei keinen Glauben schenken, der Schmeichler gewinnt uns doch. Einige Dankbarkeit empfinden wir immer für den, der sich die Mühe giebt, uns angenehm zu belügen.
98.
Aus dem Mitleid mit Anderen erwächst die feurige, die muthige Barmherzigkeit; aus dem Mitleid mit uns selbst die weichliche, feige Sentimentalität.
99.
Je kleiner das Sandkörnlein ist, desto sicherer hält es sich für die Axe der Welt.
100.