Da nahm er das ganze Nest mit und befestigte es zwischen den Hörnern der Blindekuh auf dem Heu. Es ist zwar eigentlich gegen den Respekt, dacht' er, aber sie sieht's ja nicht. Darauf holte er noch eine lange Schnur, bat[147] die Prinzessin, das eine Ende in den Mund zu nehmen, und so führte er sie von dannen, die Landstraße entlang, die durch den dicken dicken Wald läuft.
Nun ging die Blindekuh gesenkten Hauptes fürbaß, denn sie war sehr betrübt. Der kleine Kuhjohn schritt auch ganz verlegen nebenher und wußte sich nicht recht zu benehmen. Es ist doch eigentlich gegen den Respekt, sagte er sich, daß ich die Prinzeß so an der Nase herumführe. – Aber es half einmal nichts. Wenn die Fliegen und Bremsen kamen und die Blindekuh stechen wollten, hätte er sie gern mit seinem Taschentuch weggejagt. Das ging aber nicht an; einmal besaß er keins und dann hätte er ja die Prinzessin schlagen können, und es war ein Glück, daß er seine Spatzen mit hatte, denen rief er leise:
Fangt, liebe Spatzen,
Die Gnitzen und Gnatzen,
Die Fliegen und Mücken
Von Prinzeß Naserümpfchens Rücken!
Da waren die Vögel flink hinterher und schnappten das Geziefer alles weg. Dabei schaute der kleine Kuhjohn beständig um sich, ob er keine Kuhblume entdecken könne. Leider waren sie in dem Jahre gerade schlecht gerathen und fanden sich nur hier und da am Wege. Nun durfte der Kleine aber die Leine nicht los lassen, an der er die Prinzessin führte, rief also wieder den Vögeln:
Liebe Spatzen, pflückt geschwind
Gelbe Blumen, so viel da sind!
Bringt sie her mit Stengel und Stümpfchen;
Heilsam sind sie Naserümpfchen.
Da flogen die Spatzen wieder gar eifrig nach den Blumen, bissen sie ganz unten ab mit ihren scharfen Schnäbeln und brachten sie ihrem Herrn. Der sagte ganz leise Brrrr! und fragte dann die Prinzessin, ob sie die Kuhblumen wohl aus seiner Hand essen wolle; einen Teller habe er leider nicht, aber sie sei ganz appetitlich und sauber. Die Blindekuh erwiederte: Danke schön, und mach' nur keine Umstände! Darauf fraß sie die Blumen betrübt in sich hinein und ging weiter, und das wiederholte sich, so oft die Vögel einige zusammengeholt hatten. Ach, dachte der Kuhjohn, zu einem Haufen ist es doch zu wenig! Und wie soll ich's nun gar anfangen, mein bischen Verstand zu verlieren? O die böse Melkmarei! ich hätt' ihr so was nimmer zugetraut. – In solchen Gedanken machte er die Reise niedergeschlagen weiter und sein Miethszettel wedelte wehmüthig hinterdrein.
Der König Grobianus aber, wie er merkte, daß seine Tochter verschwunden war, gerieth in einen kirschbraunen Zorn und ließ sogleich nachforschen, wie es wohl zugegangen sein könne. Da fand sich denn, daß der kleine Kuhjohn auch vermißt wurde, und der König kam auf den Verdacht, der Kleine habe die Prinzessin entführt, worüber er sehr grob wurde. Er schickte sogleich eine[149] Menge Soldaten nach allen Richtungen aus, um die Entflohenen zu suchen, und ließ von allen Thürmen Sturm läuten, damit der Skandal in der Stadt noch lauter würde, als die skandalöse Entführung. Die Soldaten fanden auch nichts; denn als der eine Trupp den Weg entlang kam, den die Blindekuh mit ihrem Gefolge eingeschlagen hatte, hörte die Prinzeß schon von ferne das Pferdegetrappel und flüsterte ihrem Führer ängstlich zu: Ach, das sind meines Vaters Reiter, die er uns nachgeschickt hat. Versteck mich irgendwo! – Der Kuhjohn aber war gescheidt genug; er rief den Vögeln und sagte:
Der Prinzessin zu Gefallen
Nehmet Sand in Schnabel und Krallen,
Streut ihn in der Reiter Augen,
Daß sie nicht zum Spähen taugen;
Aber Spätzlein, macht geschwind,
Eh ein böser Blick uns find't!