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Das Märchen von Musje Morgenroth und Jungfer Abendbrod.Drittes Kapitel.
日期:2024-04-07 09:20  点击:201
Wie durch einen verunglückten Kaffee viel Glück zu Wasser wird.

So ging das ein ganzes Jahr lang und Musje Morgenroth hatte nimmer nöthig an dem Hungertuch zu nagen, weil ihn sein Schatz nudelte, so viel sie konnte. Zu Geburtstag und Weihnacht bekam er eine neue Liverey, und die war ganz absonderlich schön, alter grüner Sammt von einem früheren Reitkleide der Fee Claribella, mit Schmetterlingsflügeln besetzt am Kragen und an den Aufschlägen, Turnhosen mit Gamaschen und einen Hut von veilchenblauer Seide, darum der Altejungfernkranz der Excellenz gewunden war. Musje Morgenroth sah gar stattlich in dem Aufzuge aus, so daß alle Leute auf der Straße stehn blieben und sagten: Ei was für eine schöne Liverey! Nun[92] wußte er auch, wozu seine Schränke da waren. In den ersten hing er Abends die neue Liverey, in den zweiten seine alten Kleider, in den dritten das erste Hemd, in den vierten das zweite und so fort in jeden Kommodenkasten eins. Da war er vor Unordnung sicher.
 
Mit der Geographiestunde ging es auch besser, als er gedacht hatte. Er fing mit den nächstliegenden Dörfern an und erzählte dem Lori von jeder Kirms, auf der er getanzt, und von jedem Erntefest, das er mitgemacht hatte. Das war ein sehr nützlicher Unterricht, denn da bekam der Lori einen allgemeinen Begriff von Kuchenecken, Aepfelwein, Milchreis und Hirsenmus; und das ist für viele Menschen die Hauptsache; warum nicht für einen Lori, dem eine Fee außer Dienst die Stange hält?
 
Wie nun das Jahr fast um war – es war aber nur noch ein Tag dazwischen – erinnerte Musje Morgenroth die Excellenz an ihr Versprechen, ihm einen Wunsch, wie groß er auch wäre, zu erfüllen. Ja wohl, sagte die Fee, denkt Euch nur was Hübsches aus! Das war aber recht schlecht von ihr, daß sie das sagte; denn sie hatte doch vor, den armen Menschen zu betrügen, weil sie so filzgeizig war. Musje Morgenroth aber ging spornstreichs zu seiner Jungfer Liebsten, um ihr all sein Glück zu erzählen. Er fand sie am Herd stehen, und über dem Feuer hing ein großer Waschkessel. Was kocht Ihr da, Jungfer Abendbrod? sagte er. – Kaffee, liebster Musje Morgenroth. Unser ältestes Fräulein giebt heut einen großen Klatschkaffee, wozu[93] hundert und ein Geheimerathsfräulein eingeladen sind. – Indem hörten sie etwas die Treppe heraufkommen. Horcht! sagte die Jungfer, da kommen sie. Musje Morgenroth aber war nicht faul, rückte einen Stuhl vor die Küchenthür und sah oben durch die Ritze. Da kamen die hundert und ein Geheimerathsfräulein richtig dahergewackelt – denn das Wackeln galt für vornehm – und alle trugen schwarzseidne Kleider mit silbernen Sternen und hatten Nähkästchen von schwarzem Ebenholz in der Hand, die auch mit silbernen Sternen eingelegt waren. In der Stadt herrschte nämlich der sogenannte Kastengeist; denn die Töchter in den verschiedenen Ständen unterschieden sich durch die Nähkasten, und eine Professorstochter mußte einen andern haben als eine Geheimerathstochter, und eine Schneiderstochter wieder einen andern als ein Professorsfräulein. Das war auch ganz in der Ordnung; denn es wäre doch entsetzlich gewesen, wenn die hohen Herrschaften nicht was Apartes gehabt hätten. Die Nähkästchen der Geheimerathsfräulein waren aber deshalb schwarz mit Sternen, weil das die Nacht vorstellt, die doch alle heimlichen Leiden der Menschheit beschützt und somit auch die Geheimenräthe.
 
Da sie nun vorüber waren, stieg Musje Morgenroth herunter und sagte: weißt du, Schatz? morgen ist das Jahr um; da thu' ich meinen Wunsch. Ei was ich fidel bin! Er setzte sich wieder auf den Küchentisch und stimmte die Guitarre. Ach laßt lieber das Singen! sagte die Jungfer; denn wenn ich nicht Acht gebe, verbrennt mir der Kaffee.[94] Ihr Liebster aber sagte: Wir werden doch wohl den Vorabend vor unserm fabelhaften Glück eins singen dürfen! schlug ein paar Accorde an, und Jungfer Abendbrod mochte wollen oder nicht, sie mußte mitsingen, wie er folgendes Lied anstimmte:
 
Wie trag' ich doch im Sinne
So wunderfrohen Muth!
Das kommt von süßer Minne,
Die heimlich brennen thut.
Dadraußen lacht der Mai,
Nun geht's ans Wandern frei;
Und böt' man hundert Gulden mir,
Ich wär' nicht mit dabei.
Mein Schatz hat lichte Haare
Und Wänglein weiß und roth;
Von ihr will ich nicht fahren,
Es scheid' uns denn der Tod.
In aller weiten Welt
Mir nichts so wohl gefällt;
Seit ich mein'n Schatz zuerst erschaut,
Ist's Wandern mir vergällt.
Drei Wochen nach Michaele
Geht's an ein lustig Frei'n.
So froh mag keine Seele
Auf dieser Erde sein.
Ein eigen Haus und Herd
Ist Kaiserkronen werth,
Und kommt mir je das Wandern an,
Ich mach' schon zeitig Kehrt.
[95]
 
Das Lied war eben aus, da trat der Bediente herein und trug ein großmächtiges Brett, auf dem hundert und ein schwarze Kaffeetassen mit silbernen Sternen und eine riesenhafte Kanne stand. Jungfer Köchin, sagt' er, gießt mir flugs die Kanne voll; die Fräuleins haben sich schon die Zungen trocken geschwatzt. – Jungfer Abendbrod trat zu dem Waschkessel, aber mit einem lauten Schrei stürzte sie zurück. Ein unausstehlicher Brandgeruch stieg vom Kaffee in die Höh und durchräucherte die ganze Küche. Ach Gott, ach Gott! jammerte sie, was wird die Frau Geheimeräthin sagen! – Die aber trat in demselben Augenblick zur Thür herein und rief: Johann, wie lange wirds? Johann machte ein verlegenes Gesicht und deutete ausdrucksvoll nach dem Waschkessel und Jungfer Abendbrod. Da begriff die Geheimeräthin den ganzen Zusammenhang und rief: Den Augenblick packst du deine Sachen zusammen und scherst dich aus dem Hause! Und wie sie das gesagt hatte, wurde sie blau und roth vor Zorn, verließ die Küche und warf die Thür hinter sich zu, daß die kupfernen Kessel ganz erschrocken einander anstießen, als wollten sie sagen: habt ihr gehört? Die ist einmal böse!
 
Jungfer Abendbrod lehnte an der Wand und weinte die langen bittern Zähren. Musje Morgenroth saß noch immer auf dem Küchentisch und hatte Augen und Mund weit offen stehn vor Schreck; aber Johann hatte sich leise davon gemacht. Endlich trocknete die Jungfer ihre Thränen und fing an, in stummem Gram ihr bischen Kleider[96] in ein Bündel zu packen. Aber, liebster Schatz, sagte Musje Morgenroth, was härmt Ihr Euch so gar grausam? Morgen thu' ich meinen Wunsch, und dann heirathen wir uns. – Ach nein! schluchzte Jungfer Abendbrod, daraus wird nichts; unsereins hat auch seine Ambition, und so ein fortgejagtes Ding ohne Schein, die den Kaffee hat anbrennen lassen, sollt Ihr nimmermehr freien. Das könnten wir nie verantworten vor unsern Kindern; die müßten sich ja schämen vor den Leuten. Ach Gott! – und da fing sie wieder an zu weinen. – Seid doch nur ruhig, liebste Jungfer! sagte Musje Morgenroth und sprang vom Küchentisch, ich habe Euch nicht minder lieb darum daß Ihr den Kaffee habt anbrennen lassen und fortgejagt werdet außer der Zeit und keinen Schein bekommt; denn an all dem bin ich ja Schuld! – Die Jungfer aber wollte sich nicht trösten lassen, sagte immerfort, er solle sich eine Andre suchen, die nicht so in Schimpf und Schande gekommen wäre, und hatte indeß ihr Bündel fertig geschnürt. – Und wo wollt Ihr nun hin? sagte ihr Liebster. – Ich habe noch die alte Cousine hier in der Stadt, Jungfer Gretchen Leisegang; die wird mich wohl aufnehmen in meinem Unglück. – Nun denn kommt in Gottes Namen! sagte Musje Morgenroth, machte die Thür auf, blieb aber wie versteinert stehn. Die hundert und ein Geheimerathsfräulein kamen nämlich eben wieder dahergewackelt; denn sie hatten in der höchsten Entrüstung Abschied genommen und wollten wieder nach Haus. Sie sahen alle bitterbös aus, und wie sie an der[97] Küche vorbeikamen, warf eine jede der Jungfer Abendbrod einen verachtenden Blick zu und dann rauschten sie vorüber.
 
Ach Gott, lieber Musje Morgenroth! rief die Jungfer weinend aus, habt Ihr wohl die Blicke gesehn? – Der aber stand selbst wie versteinert. Verachtet von hundert und ein Geheimerathsfräulein! sagte er vor sich hin; das ist hart! – Und in stiller schweigender Verzweifelung stiegen sie die Treppen hinunter und gingen selbander zu Jungfer Gretchen Leisegang, die die weinende Jungfer Abendbrod mitleidig und tröstend aufnahm. 

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