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In der Mondnacht: Der blanke Dreier
日期:2024-04-01 11:03  点击:293
In Minchens Sparbüchse lagen viele Groschen, Zwei- und Vier-Groschenstücke, mehrere Thaler, ein Friedrichsdor, den sie vom Vater zum Geburtstag erhalten hatte, und endlich ein Dreier, der war so blank, als wäre er soeben aus der Münze gekommen, und bildete sich ein, er sei von Gold.
 
– Um Verzeihung, was sind Sie für eine Geborne? fragte der Dreier die neben ihm liegende Goldmünze.
 
– Ich bin von Gold und stamme noch aus der guten alten Zeit, wie Sie auch auf meiner Rückseite sehen können, antwortete der Friedrichsdor, der nicht wenig stolz darauf war, daß er noch einen Zopf trug. »Ich bin von sehr gediegenem alten Adel!« setzte er hinzu.
 
– Sie von Gold? rief der Dreier lachend. Wie können Sie das mir nur in's Gesicht sagen, dem man es doch auf den ersten Blick ansieht, daß ich vom feinsten Ducatengolde bin. Sehen Sie nur, wie ich glänze!
 
– Ja, aber es ist nicht alles Gold, was glänzt! antwortete der Friedrichsdor. Sie sind nur ganz ordinärer Herkunft; Sie sind ein Kupferdreier und an Ihrer Stelle würde ich mich doch geniren, in so anständiger Gesellschaft zu erscheinen.
 
Damit drehte ihm der Friedrichsdor den Rücken zu.
 
– Was sich dieses Pack wohl denkt! sagte der Dreier zu sich selbst. Aber so ergeht es Einem immer, wenn man herablassend ist; ich will mich auch in meinem Leben nicht wieder populär zu machen suchen, denn man hat doch nur Undank dafür.
 
Mit diesen Worten drehte sich der Dreier auch herum und den ganzen Tag hindurch wurde in der Sparbüchse kein Wort mehr gesprochen.
 
Am Abend kam Minchen mit ihrem Vater und holte die Sparbüchse aus dem Schrank. Minchen sollte nämlich eingesegnet werden und sich für ihre Sparbüchse das erste schwarze Atlaskleid kaufen.
 
Sie zählte nun mit ihrem Vater die Groschen, die Zwei- und Vier-Groschenstücke, die Thaler und endlich auch den Friedrichsdor. Nur den blanken Dreier ließ sie ganz bei Seite liegen.
 
– Aha, dachte der Dreier, das Gute läßt man immer bis zuletzt. Wenn sie dich erst mit hinzuzählen, dann wird die Summe noch einmal so groß werden!
 
Aber der Dreier konnte lange warten, bis er mitgezählt wurde, und als endlich Minchens kleiner Bruder herein hüpfte, gab ihm der Vater den Dreier und erlaubte ihm, sich einen Kuchen dafür zu kaufen.
 
Der Kleine sprang mit ihm zum Kuchenbäcker und plump! fiel der Dreier in die dunkle Kasse des Bäckers, in der schon viele schwarze Kupfermünzen lagen.
 
– Es ist doch merkwürdig, wie sehr sich die Leute oft in der Taxirung Anderer täuschen! Das ist denn doch ein sehr grober Irrthum! sagte der Dreier. Na, mir kann es gleich sein, denn mein Schade ist es nicht!
 
So blieb er denn in der Kasse ganz obenauf liegen, um sich recht anstaunen zu lassen.
 
– Aber nehmen Sie doch Lebensart an! rief der blanke Dreier, wenn ihm dann und wann durch das Loch der Kasse ein schweres, dunkles Kupferstück auf den Kopf fiel. Sehen Sie denn nicht, daß ich von Gold bin?
 
Mehre Tage lang lag der Dreier in der Bäckerkasse. Da kam ein kleiner Schornsteinfeger und bat um ein Trinkgeld für das Reinigen der Ofenröhren. Der Bäcker griff in die Kasse und legte dem kleinen Schornsteinfeger fünf Dreier, darunter auch den blanken, auf den Tisch hin.
 
– Fassen Sie mich nicht an! rief der Dreier; ich werde sonst blind!
 
Aber der kleine Schornsteinfeger nahm das Geld und ging fort. Dem armen Dreier war ganz entsetzlich zu Muthe, als er so in der schwarzen Hand saß, er paßte eine Gelegenheit ab, entschlüpfte derselben unbemerkt, lag auf der Straße und rollte nach der Straßenrinne zu.
 
– Herr Gott, Herr Gott! rief er aus, wenn ich nur nicht dahinein falle; das wäre mein Tod! Aber ich bin so im Schwunge, ich kann mich gar nicht halten!
 
So rief der Dreier in seiner Herzensangst und rollte immer weiter. Zum großen Glücke blieb er gerade am Rande des Rinnsteins liegen.
 
– Gott sei Dank! Es wäre doch zu schrecklich gewesen, wenn ich in diesen Abgrund gestürzt wäre! sagte der Dreier.
 
Bald darauf kam ein Vergoldergehülfe des Weges; er sah den Dreier, steckte ihn als gute Prise ein und trug ihn nach Hause. Da er nun heute noch eine Kette zu vergolden hatte und ein wenig von dem Golde übrig behielt, so nahm er den Dreier aus der Tasche und vergoldete ihn auch.
 
– Jetzt werde ich immer vornehmer! sagte der Dreier, als er sich besah, und in der That nahm er sich sehr schön aus.
 
Der Vergoldergehülfe mochte dies auch einsehen, denn er bohrte ein ganz kleines Loch durch den Rand des Dreiers, zog einen feinen Ring durch dasselbe und hängte ihn an seine Uhrkette.
 
– Das wird schön, sagte der Dreier zu sich, als er auf die Straße kam. Jetzt bin ich eine Schaumünze und kann alle Tage spazieren gehen.... Sehe ich nicht recht stolz aus! rief er allen Leuten zu, die ihn ansahn, als er so an der Weste des Vergolders hing. Ich bin aber auch von purem Golde!
 
Eines Abends ging sein Herr mit ihm über die Straße. Der Dreier sah, daß die Laternen mit ihm liebäugelten, und um sich recht zu zeigen, zappelte er in dem Lichtschein so arg an der Kette hin und her, daß der Ring sich öffnete und er auf die Straße fiel.
 
– Hochmuth kommt vor dem Fall! sagte ein alter verrosteter Pfeifendeckel, der neben ihm lag und ihn zappeln gesehen hatte. Ich bin auch einmal etwas Besseres gewesen, wir können uns zusammen trösten!
 
Der Dreier aber sah ihn hochmüthig an.
 
– Was so ein schlechter Pfeifendeckel wohl glaubt! sagte der Dreier zu sich selbst; ich werde mich hüten, mich mit ihm gemein zu machen!
 
Kaum hatte er das gesagt, da kam ein junger Taugenichts des Weges, er sah den Dreier und hob ihn auf in der Meinung, er habe ein Goldstück gefunden.
 
– Ei, ei! Ein vornehmer Dreier! sagte er getäuscht. Ich glaubte, du wärest ein Goldstück!
 
– Sie irren, rief der Dreier; ich bin wirklich von Gold!
 
Der junge Taugenichts überlegte nun, was er mit dem vergoldeten Dreier anfangen solle. Da es Abend war, ging er zu einem Trödler, von dem er wußte, daß er schlecht sehen konnte, und kaufte sich einen Sommerrock. Der Trödler nahm den Dreier richtig für ein Goldstück hin und zahlte dem Käufer noch zwei blanke Thaler heraus.
 
– Endlich doch Einer, der meinen wahren Werth erkennt! sagte der Dreier. Man muß sich nur nichts von seinem Ansehen vergeben!
 
Am andern Morgen schaute der Trödler in seine Kasse und wollte sich die Haare ausraufen, als er das falsche Goldstück erkannte.
 
Er nahm den Dreier, trug ihn auf die Polizei und verklagte den Betrüger, der ihm diesen gegeben. Der ward denn auch ausfindig gemacht, verhaftet und sollte vor das Geschwornen-Gericht gestellt werden. Der Dreier aber wurde dem Gericht übergeben.
 
Endlich kam auch der Tag, an welchem der Prozeß öffentlich verhandelt werden sollte. Der Dreier staunte nicht wenig, als die Richter ihn vor sich auf den grünen Tisch legten und er eine große Versammlung von Zuschauern auf den Gallerien sah, die mit Fingern auf ihn zeigten. Der arme Dreier schämte sich entsetzlich; er wurde zwar als unschuldig freigesprochen, aber die Blamage konnte ihm doch Keiner abwaschen, denn die ganze Stadt sprach von dem falschen Goldstück und in allen Zeitungen standen von ihm sehr ehrenrührige Dinge geschrieben.
 
Noch an demselben Tage ward er in Freiheit gesetzt. Er kam in mancherlei Hände, Alle aber betrachteten ihn mit großem Mißtrauen. Der Dreier grämte sich hierüber so sehr, daß er vor Schaam an einigen Stellen ganz roth wurde.
 
Endlich kam er zu einem Gewürzkrämer.
 
– Aha! sagte dieser; das ist ja der berüchtigte Mosje, der in dem Dreier-Prozeß eine Rolle gespielt! Den wollen wir doch unschädlich machen!
 
Er nahm also ein spitzes Instrument und bohrte ihm ein Loch durch den Leib, daß der arme Dreier vor Schmerz große Thränen hätte vergießen mögen; dann nahm er einen Nagel und einen Hammer, nagelte ihn neben mehre falsche Geldstücke auf den Ladentisch und schrieb mit Kreide daneben: »üb' immer Treu und Redlichkeit.«
 
– Da sollst du sitzen, bis du wieder ein ehrlicher Dreier geworden bist! sagte er zu ihm.
 
Und so oft Leute in den Laden kamen, betrachteten sie den armen Dreier schadenfroh und sagten: »Ah! ist das der berüchtigte Dreier, von dem in den Zeitungen stand?«
 
So vergingen viele Wochen. Der Dreier wurde vor Schaam immer rother, ja er hätte was darum gegeben, wenn ihm Einer das übrige Gold ganz abgenommen hätte.
 
Endlich eines Morgens klapperte ein Goldstück auf dem Ladentisch. Der Dreier wurde aufmerksam und erkannte denselben Friedrichsdor, mit dem er einst in der Sparbüchse gelegen.
 
– Ei sieh da! rief der Dreier. Kennen Sie mich nicht mehr?
 
– Muß sehr bedauern, antwortete der Friedrichsdor. Aber wenn ich nicht irre, sind Sie derselbe, der in dem berüchtigten Dreier-Proceß kompromittirt ist!
 
Damit wanderte der Friedrichsdor in die Kasse.
 
Dem Dreier aber ging diese Antwort mehr als alles Andere zu Herzen; er bat den Krämer, er solle ihn doch um Gotteswillen nur losmachen, denn dies könne er nicht länger ertragen.
 
Der Krämer aber ließ ihn noch einige Wochen hindurch sitzen, und als er glaubte, daß der Dreier jetzt genug gebüßt und wieder ganz ehrlich geworden sei, machte er ihn los und warf ihn zu den Uebrigen.
 
Lange mußte der Dreier hier noch beißende Worte hören, endlich aber vergaß man die ganze Geschichte. – Sollte Dir, lieber Leser, ein Dreier begegnen, der ein rundes Loch gerade unter der Drei hat, er ist es und kann Dir genau dieselbe Geschichte erzählen. 

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