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Fünfzehn heitere Erzählungen:Die schöne Flickerin. (Ein Märchen.)-6
日期:2024-03-25 14:21  点击:293
Die Fee aber redete zu, eine Nachbarin kam herbei, und als sie alles hörte, redete sie mit zu, sie versprach auch, auf Haus und Buben zu achten. So schlüpfte denn Liebelinde in ihr Sonntagsröcklein, nahm Abschied von den Brüdern, der Nachbarin, dem Häuschen und der Katze, als ginge sie auf Nimmerwiedersehen davon, und lief ins Schloß hinauf. Oben wollte man sie erst gar nicht vorlassen. Erst rümpfte der Torwart die Nase, dann der Diener, die Mägde, die Hofdamen, und wer sonst noch herumlief. Liebelinde dachte gerade, dies sei wohl Hofsitte, und begann auch ihr feines Näslein zu rümpfen, als die beiden Prinzessinnen Gerlinde und Theolinde vorbeikamen. Sie sahen schrecklich traurig aus, denn sie hatten es wieder vergeblich versucht zu stopfen und hatten doch kein Loch zubekommen.
 
‚Ei, die sehen gut aus,‘ dachte Liebelinde, machte einen Knicks und richtete ihren Auftrag aus.
 
‚Sie kann stopfen,‘ schrie Gerlinde, und Theolinde fiel Liebelinde gleich um den Hals und jubelte: ‚Sie kann stopfen, sie kann stopfen!‘
 
Seite 146‚Na nu,‘ dachte die kleine Waschfrauentochter, ‚das ist doch nicht so etwas Absonderliches.‘ Sie ließ sich zur Königin führen, gab ihren Ring ab, und die Königin beschloß gleich, die Probe zu machen. Sie ließ eins der zerschnittenen goldgelbseidenen Hemden holen, dazu Seide und die allerfeinsten goldenen Nähnadeln und fragte Liebelinde, ob sie das wohl stopfen könne. ‚Ei freilich,‘ rief diese, nahm eine Nadel und zog sich kurz entschlossen eins ihr goldblonden Haare aus, denn die waren feiner als die allerfeinste Seide und schimmerten gerade so wie die Wunderhemdlein. Mit ihrem Haar stopfte Liebelinde, und es ging so schnell, daß die Nadel rascher hin und her flog als ein Bienchen am Sommertag. Nach einem Weilchen rief Liebelinde: ‚So, ein Loch ist gestopft. Freilich, zu dem ganzen Hemd werde ich schon etliche Tage brauchen!‘
 
Die Königin sah auf den Riß und fragte: ‚Wo ist er denn?‘ Das fragten auch die Prinzessinnen und alle Hofdamen, die zugesehen hatten, und alle staunten und verwunderten sich und sagten, so etwas hätten sie noch nie gesehen.
 
Liebelinde wurde nun sehr feierlich zur Geheimen Oberhofstopfmeisterin ernannt. Sie sollte auf dem Schloß wohnen bleiben, und ihre Mutter und Brüder durften auch hinaufziehen; mitten im Schloßgarten bekamen Seite 147sie alle ein wunderfeines kleines Haus zum Wohnen. Freilich war es Tag und Nacht von Wachen umstanden, damit nicht etwa eines der kostbaren Hemden geraubt würde. Als Liebelinde alle Hemden sah, die sie stopfen sollte, seufzte sie ein wenig, dann nahm sie eine Schere und schnitt sich ritsch, ratsch ihre beiden blonden Zöpfe ab. ‚Ich muß doch ordentliches Stopfgarn haben,‘ sagte sie.
 
Sechs Monate lang stopfte Liebelinde, dann waren alle Hemden heil, niemand sah auch nur einen kleinen Fehler daran. Inzwischen waren Liebelinde lauter goldblonde Ringellocken gewachsen, und sie sah so wunderlieblich aus, daß alle vornehmen Hofherren, die noch keine Frau hatten, sie heiraten wollten.
 
Prinz Friedemann aber lachte alle aus, denn er bekam die Braut. Die alte Königin wollte eben durchaus eine Schwiegertochter haben, die stopfen konnte. Und sie lebten alle glücklich und zufrieden miteinander. Die goldgelbseidenen Hemden hielten bis an der Prinzen Lebensende. Die böse Fee, die die Prinzen verwünscht hatte, ärgerte sich darüber so, daß sie vor lauter Wut das Verwünschen aufgab.“
 
„Na, und die böse Magd?“ fragte Schulzens Jakob, als Muhme Lenelies schwieg, neugierig.
 
„Ach so,“ sagte die Muhme, „die hätte ich beinahe Seite 148vergessen, und der ging es doch sehr, sehr schlecht. Sie wurde gefangen genommen, in einen Turm gesteckt, und dort mußte sie sitzen und ungeschickten Mägdlein das Stopfen beibringen. Erst wenn eine es einmal so gut könnte wie Prinzessin Liebelinde, dann sollte die Magd frei werden. Sie hat aber beinahe hundert Jahre in ihrem Turm gesessen und ist dann gestorben, und kein Mägdlein hat das Stopfen so gut gelernt wie Liebelinde. So, nun ist die Geschichte zu Ende, und nun geht geschwind nach Hause, ich glaube, es ist gleich Abendbrotzeit.“
Turm in dem die böse Magd gefangen ist 

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