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Fünfzehn heitere Erzählungen:Die schöne Flickerin. (Ein Märchen.)-4
日期:2024-03-25 14:18  点击:210
Die Königin wurde sehr böse, schalt die Grafentöchter, und die gingen sehr gekränkt und betrübt heim. Den Prinzen hätte nun schon jede gern geheiratet, aber stopfen lernen, nein, stopfen lernen, das wollten sie doch nicht.
 
Unter den Hausmädchen im Königsschloß nun war eine, die war boshaft und zanksüchtig. Mit allen andern Mägden hatte sie Streit, und wenn sie jemand etwas zuleide tun konnte, so tat sie es mehr als gern. Just an dem Tage, an dem alle Grafentöchter zum Kaffee im Schloß waren, hatte sie von der Frau Oberküchenmeisterin Schelte bekommen, weil sie von der allerschönsten Torte die Früchte abgegessen hatte. Darüber Seite 141war sie so wütend, daß sie geschwind ihre Sachen packte und davonlaufen wollte. Vorher freilich gedachte sie allen noch etwas recht Böses anzutun. Sie schlich sich in die Wäschekammer und fand dort den Schrank offen, in dem die goldgelbseidenen Hemden der Prinzen lagen. Da nahm die böse Magd geschwind eine Schere und schnitt eins, zwei, drei lauter Löcher in die Hemden, ritsch, ratsch ging das, und sie hätte die Hemden gewiß ganz und gar zerschnitten, wenn sie nicht die Stimme der Frau Oberwäschebesorgerin gehört hätte. Da riß die böse Magd eilig aus, nahm ihre Sachen, lief zum Schloß hinaus und wanderte in die weite Welt hinein.
 
Noch an diesem Abend aber wurden die zerschnittenen Hemden entdeckt, und ein großes Wehklagen erhob sich. Die Königin sandte verzweifelt nach der guten Fee, und die kam auch sehr geschwind herbei, aber ach, helfen konnte sie nicht. Und wenn gute Feen nicht helfen können, ist das sehr betrüblich, denn natürlich wollen sie doch allen Menschen etwas Liebes antun. ‚O weh, o weh,‘ klagte die schöne, gute Fee, ‚das ist wirklich ein rechtes Unglück. Die Hemden kann ich nicht ersetzen, und wenn sie zerrissen sind, nützen sie auch nichts gegen all die bösen Verwünschungen. Sie müssen so geflickt sein, daß man den Schaden kaum sieht. Sucht eiligst die geschickteste Flickerin im Land und laßt sie die Hemden Seite 142flicken. Freilich,‘ setzte die gute Fee traurig hinzu, ‚ich weiß schon, eine rechte Flickerin wird jetzt schwer zu finden sein. Ach, es ist wirklich ein großes, großes Unglück!‘
 
Der König und die Königin, Prinzen und Prinzessinnen, ja der ganze Hof waren unendlich betrübt. Noch hatte ja jeder Prinz ein unzerrissenes Hemd an, aber wehe, wenn das kaput ging. Gerlinde und Theolinde fingen gleich an, sich im Stopfen zu üben, aber das ging gar nicht, es wurde fürchterlich, man sah es schon von großer Weite, daß da ein Riß geflickt war, und die Fee sagte immer wieder, man dürfe es nicht sehen.
 
Die Fee verließ sehr traurig das Schloß und ging zurück in ihren Wunderwald. Ganz langsam ging sie durch die Straßen der Stadt, niemand achtete auf sie, niemand wußte, daß die Frau in dem grauen Mantel eine gute, mächtige Fee war. Ein Mägdlein ging vorüber und dachte: ‚Wenn ich eine Fee wüßte, dann ging ich zu ihr und würde sie sehr bitten, mir ein wunderfeines Ballkleid zu schenken.‘ Dabei streckte das Fräulein die Nase in die Luft und rannte die gute Fee beinahe um. Ebenso erging es einem jungen Mann, der auch das Herz voller Wünsche hatte, ihm mußte die Fee sogar noch ausweichen. ‚Die Menschen sind Seite 143doch manchmal zu ungeschickt,‘ sagte sie ordentlich ärgerlich, und just in diesem Augenblicke purzelte vor ihr ein Bübchen mit seinem Schulranzen hin. Er hatte mit einem andern Buben Kriegsspiel gespielt, aber nun standen alle beide, Freund und Feind, etwas verdattert da, und der Hingefallene heulte laut: ‚Meine Jacke, meine Jacke! Wenn ich nach Hause komme, kriege ich Haue. Huhuhuhu!‘ 

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