„Ich soll geschlafen haben, ich – ich?“ stotterte Hans Rumps verlegen. Es schien ihm selbst sehr unglaublich, am liebsten hätte er sich gleich wieder auf die Bank gelegt und darüber nachgedacht, ob er wirklich geschlafen habe; da dies aber doch nicht anging, begann er, seine Sachen von der Linde herabzuholen. Er seufzte und stöhnte dabei jämmerlich und schalt ärgerlich vor sich hin, während die Frauen unter Lachen sich daran machten, ihre Wagen zu rüsten. Jeden Knopf sah Hans Rumps ängstlich darauf an, ob die Buben ihn auch nicht verdorben hatten, und immer dachte er: „Wenn es nur wenigstens niemand gemerkt hätte, dann Seite 110wäre es ja weiter nicht schlimm. Ob die Frauen wohl davon still sind, wenn ich sie darum bitte?“ Er schleuderte ärgerlich den Kranz weit fort und stülpte sich seine Mütze auf. Nun hing nur noch sein Horn auf der Linde, sein geliebtes Horn. „Verflixte Buben, wie die auch klettern können,“ seufzte er und griff nach dem Horn. Heil und unversehrt kam es in seine Hände, er dachte aber doch: Vielleicht haben sie es verdorben und gar was hineingesteckt. Er setzte es an und blies hinein, so leise, daß er selbst nichts hörte. Er blies noch einmal, etwas stärker, ein Ton kam heraus, aber er meinte, der klänge gar nicht so wie sonst. Hans Rumps wurde es ganz unheimlich zumute, sein Horn war vielleicht kaput. Und auf sein Horn war er doch so stolz, ohne Horn war er doch gar kein richtiger Nachtwächter mehr, auf das Horn kam es doch an und nicht auf das dumme Wachbleiben.
Er stöhnte schwer, dann setzte er mit aller Kraft an und blies in sein Horn hinein, daß es nur so schmetterte. „Ha, es geht,“ frohlockte Hans Rumps und blies und blies im Eifer, daß es die Leute in jedem Hause hörten.
Die Frauen waren erschrocken zusammengefahren. „Mein Himmel, was macht Ihr denn?“ rief die Schnipfelbäuerin, und die Waldbäuerin ächzte: „Mir Seite 111ist der Schreck in die Beine gefahren, Hans Rumps, was soll denn das?“
„Feuer, Feuer, es brennt, es brennt!“ schrie in diesem Augenblick Kaspar auf dem Berge und kam zur ‚Himmelblauen Ente‘ herausgestürzt. Magd und Knecht folgten ihm. Auch aus den andern Häusern stürzten die Leute heraus. Muhme Rese kam mit der Kaffeekanne in der Hand, und der Schulze zog sich noch auf der Gasse seine Weste an. Auch der Pfarrer und der Lehrer kamen herbei, und alle wollten sie wissen, wo es brenne.
Hans Rumps stand ganz verdattert da. Er hielt sein Horn ängstlich an sich gedrückt und stammelte, immer verlegener werdend: „Daran sind nur die verflixten Buben schuld, oh nä, die Buben, die Buben, die Buben!“
„Nehmt mir das nicht übel, Hans Rumps,“ sagte die Schulzenfrau lachend, „aber ein bißchen dösig scheint Ihr mir zu sein. Ja, nun blast Ihr noch das ganze Dorf zusammen, damit alle erst erfahren, wie es Euch ergangen ist!“