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Fünfzehn heitere Erzählungen:Ein kleiner Held.-1
日期:2024-03-20 08:50  点击:224
Muhme Lenelies war allzeit eine flinke, fleißige Frau, immer wohlgemut und guter Dinge, und sie pflegte mitunter lachend zu sagen: „Das Kranksein lasse ich gar nicht erst zur Türe hinein!“ Aber einmal, Traumfriede war noch nicht allzu lange ihr Pflegesohn, kam doch das Kranksein unversehens zur Türe hineingerutscht, und die arme Muhme Lenelies bekam einen bösen Husten, der sie arg quälte. Weil die Muhme nun aber die besondere Gabe hatte, alle Dinge, auch die schweren und trüben, durch eine rosenrote Brille anzuschauen, so fand sie, auch das Kranksein habe seine freundlichen Lichtseiten. Sie sagte oft: „Es ist doch behaglich, daß ich bei dem bösen Sturm nicht hinausbrauche, aber am schönsten ist es doch, daß man in Krankheitstagen sieht, wie gut doch eigentlich viele Menschen sind.“
 
„Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus, Muhme,“ erwiderte ihr darauf einmal die Frau Seite 58Lehrerin. „Wäret Ihr nicht allzeit so hilfsbereit, dann kümmerte sich just wohl niemand um Euch.“ Das mochte schon wahr sein, aber wenn es auch ehrlich verdiente Liebe und Teilnahme war, wohl tat sie der alten Frau sehr, denn obgleich sie die rosenrote Brille hatte, eine schwere Zeit war die der Krankheit doch für sie. Über nichts aber freute sie sich in diesen Tagen so sehr wie über ihres Pflegesohnes Liebe. Traumfriede tat der Muhme alles Gute an, was er ihr nur an den Augen absehen konnte; er arbeitete von früh bis abends, hielt das Häuschen schmuck und sauber, ja er suchte noch da und dort ein paar Pfennige zu verdienen, damit nicht alle mühsam erworbenen Spargroschen daraufgingen. „Wie eine Königin hab' ich's,“ sagte die Muhme mitunter zu Friede. „Ich habe einen Diener, das bist du, einen Koch, das bist du, eine Kammerzofe, das bist du, eine Magd, das bist du auch, und Hofmarschall und Mundschenk dazu, – soll einer sich so viele dienstbare Geister suchen.“ –
 
Der Winter war in diesem Jahre gleich mit viel Schnee und Kälte eingezogen und blieb auch ein strenger Gast. Als der Februar herankam, da lag noch so viel Schnee in Oberheudorf, als hätte der Winter erst angefangen. Acht Tage schneite es ununterbrochen. Alle Gräben und Wege verschneiten, die Berenbacher Kinder konnten nicht mehr in die Schule kommen, und eines Seite 59Sonnabends mußten es die Oberheudorfer Bauernfrauen aufgeben, zum Markt zu fahren. „Man kommt nicht mehr durch,“ sagten sie.
 
Traumfriede erzählte dies am Freitag nachmittag seiner Pflegemutter, und Muhme Lenelies, die in ihrem Lehnstuhl am Ofen saß, seufzte ein wenig: „Ich dacht's mir balde! Na, da muß man auch zufrieden sein.“
 
„Muhme,“ rief Traumfriede erschrocken, „deine Tropfen sind doch alle, und wenn morgen niemand in die Stadt fährt, mußt du ja so lange noch warten?“
 
„Freilich, mein Junge,“ sagte die alte Frau gelassen, „die Tropfen werden mir schon fehlen, aber vielleicht geht der Husten auch ohne Tropfen weg. Schneide nicht so ein betrübtes Gesicht, man muß froh sein, wenn man eine warme Stube hat. Horch nur, wie draußen der Wind heult.“ 

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