Etliche Tage später marschierten Schulzens Jakob und Röse, der dicke Friede und Schnipfelbauers Fritz im Frühlingssturm heimwärts. Sie kamen alle vier von Berenbach, einem Dorf, das etwa eine Stunde übern Berg von Oberheudorf entfernt lag. Die Berenbacher Kinder kamen nach Oberheudorf in die Schule, und darum sagten die Oberheudorfer Buben und Mädel gern: „Pah, die Berenbacher, das sind die Rechten, nicht einmal eine Schule haben sie!“ Im ganzen aber konnten die Oberheudorfer Kinder die von Berenbach gut leiden, besser als die Niederheudorfer Buben und Mädel, denn die waren in ihren Augen eben dort schrecklich eingebildet auf die drei Kramläden im Dorf und auf sonst noch allerlei. Die vier Wanderer waren mit ihren Gedanken noch in Berenbach; sie waren dort bei des dicken Friede Muhme gewesen, die sie mit Kaffee und Kuchen gut aufgenommen hatte. Davon sprachen sie und von den beiden weißen Ziegenböcken im Stall der Muhme, und daß die Berenbacher Kinder es doch eigentlich recht gut hätten, daß die Schule nicht im Dorf wäre. Wenn zum Beispiel einmal Hochwasser war oder im Winter haushoher Schnee lag, dann brauchten sie gar nicht in die Schule zu gehen. Nun lag an diesem Seite 46Tage weder haushoher Schnee noch zeigte der Bach Lust, ein Hochwasser zu verursachen. Doch daß der Frühling gekommen war, sah man schon überall. Büsche und Bäume trugen feine Blättchen und dicke Knospen, und auf dem Boden des Waldes, durch den die Kinder gingen, blühten Anemonen, Himmelsschlüssel, Küchenschellen und noch manch feines, zierliches Blümchen. Der Kuckuck ließ trotz des brausenden Sturmes seinen lockenden Ruf ertönen, einmal rief er da, einmal dort, als wollte er die Kinder auffordern, ihm zu folgen.
Schulzens Jakob wollte an diesen Frühlingswahrsager gerade allerlei Zukunftsfragen stellen, als Schnipfelbauers Fritz auf einmal rief: „Guckt nur, da steht ein Wagen ganz allein!“
Im Nu waren alle vier am Wagen, standen und staunten, als hätten sie in ihrem Leben noch keinen solchen Wagen gesehen. Dabei war es ein ganz einfacher Planwagen, wie ihn die Leute in der Gegend nahmen, wenn sie zum Markt fuhren. Darauf saß niemand, darin lag niemand, er hätte gerade zwischen dem Stroh liegen müssen, das bis an den Kutschersitz heranreichte. Das braune Pferdchen, das vor den Wagen gespannt war, stand still und ergeben da und machte ein Gesicht, als wollte es sagen: „Na, wißt ihr, unterhaltsam ist die Sache nun gerade nicht.“
Seite 47Den vier Kindern freilich war die Begebenheit sehr unterhaltsam. Ein bißchen neugierig, ein wenig Hans Dampf in allen Gassen waren die Oberheudorfer Buben und Mädel fast alle, und so guckten, wisperten und tuschelten denn jetzt auch die vier sehr eifrig miteinander; alle Tage findet man ja selbst in Oberheudorf nicht einen Wagen ohne Fuhrmann auf der Landstraße.
„Der Wagen sieht wie der unsrige aus,“ meinte Schnipfelbauers Fritz.
„Wir haben auch so einen,“ sagte Röse eifrig, „ganz genau so!“