Die Niederheudorfer Buben und Mädel zogen singend und vergnügt wieder davon, sie hatten es bei der ganzen Geschichte am besten gehabt, und von den wundervollen Zuckerbrezeln sprachen sie noch lange.
Die Oberheudorfer aber ärgerten sich, sie nahmen sich vor, die Niederheudorfer nie mehr zu necken. „Nie mehr bis zum nächsten Mal,“ sagte Muhme Lenelies, Seite 27als sie das hörte. Trotz der nach Niederheudorf entführten Zuckerbrezeln aber verlief der Fastnachtstag doch sehr vergnügt. Heine Peterle war ein sehr stolzer König, Annchen Amsee hielt sich für eine Prinzessin, und Schulzens Jakob klirrte mit einem verbogenen Säbel und behauptete, er sei General.
Der dicke Friede aber, der eine Leidenschaft für Kasperlespiele hatte, dachte, er sei in seinem himmelblauen Kittel, den ihm die Großmutter aus einem alten Rock genäht hatte, wirklich ein Kasperle und fing auf einmal an, als alle auf dem Dorfplatz standen, ganz fürchterliche Gesichter zu schneiden, und quiekte wie ein Ferkelchen.
„Der Bube hat sich überessen,“ schrie Muhme Rese, die zusah, erschrocken, und alle Kinder umringten Friede und fragten mitleidig: „Tut dir der Bauch weh?“ – „Tut er sehr weh?“
Friede war so tiefbeleidigt, daß er erst gar nichts sagen konnte, er schnappte ordentlich vor Wut nach Luft. Doch plötzlich erschien seine Mutter, packte ihn am Arm und rief: „Komm, trink Kamillentee, da werden die Leibschmerzen besser.“ Muhme Rese hatte nämlich die Mutter herbeigeholt und ihr von des Buben Krankheit erzählt.
„Ich bin doch ein Kasperle, ein Kasperle,“ schrie Seite 28Friede entsetzt, „huhuhu – ich habe gar keine Leibschmerzen.“ Und schwapp riß er sich los und rannte die Dorfstraße entlang, die Kinder alle hinter ihm her. „Kasperle, Kasperle!“ schrieen sie und holten ihn endlich auch ein. Nach langem Hinundherreden und Bitten entschloß sich Friede, noch einmal vor ihnen Kasperle zu spielen.
Sie fanden es alle wundervoll, nun sie wußten, daß es keine Leibschmerzen waren, und zuletzt spielten alle miteinander Kasperle, und es war ein solches Geschrei, ein solcher Lärm auf der Dorfstraße, daß alle Erwachsenen sagten: „Gut, daß nur einmal im Jahre Fastnacht ist.“
Der Kohlbauer brummte: „Wenn doch die dumme Fastnachtsfeier abgeschafft würde!“ und die Buben und Mädel seufzten abends in ihren Betten: „Ach, wenn doch nächste Woche wieder Fastnacht wäre!“