„Einer soll reden; sonst versteht man keine Silbe,“ befahl Frau Neuntöter. „Was ist also geschehen?“
Schließlich erfuhr sie dann also, daß das große Junge eins von den kleinen aus dem Nest gestoßen hatte. Eine Weile hatte das Vögelchen unten im Grase gelegen und kläglich gepiepst, bis der Fuchs gekommen war und das arme Wesen aufgefressen hatte.
„Er hat zuerst gestoßen,“ behauptete das große Junge. „Ich bin nicht schuld daran, daß er hinausgefallen ist.“
„Ich will dich lehren,“ rief da der Neuntöter zornig und wollte auf das Junge losfahren.
Aber seine Frau hackte ihn in den Nacken und schalt ihn ernstlich aus.
„Schäme dich, so heftig zu werden!“ schrie sie. „Willst du das unschuldige Kind mißhandeln? Wage[S. 169] nicht, es anzurühren! Du wirst doch wohl begreifen können, daß das kleine Wesen nichts dafür konnte.“
Nun beweinten sie beide das tote Kind; und als sie sich ausgeweint hatten, flogen sie aus, um neues Futter zu holen. Sie trösteten sich schnell über den Verlust; denn die drei Jungen, die noch am Leben waren, hatten einen so fürchterlichen Appetit, daß die Eltern manchmal fast verzweifelten. Das große fuhr fort zu wachsen und war jetzt schon doppelt so groß wie die beiden andern, die sich beklagten, daß der Grobian sie beiseitedränge und ihnen alles Futter wegnehme.
„Ihr müßt versuchen, euch zu vertragen, bis ihr euch selber helfen könnt,“ ermahnte die Neuntötermutter.
„Wären sie nur mal erst glücklich konfirmiert und mit uns nach dem Süden unterwegs!“ sagte der Neuntöter sorgenvoll. — —
Nach einer Woche ereignete sich etwas, was die Neuntötereltern wiederum tief betrübte. Als sie heimkehrten, war nur noch das große Junge im Nest.
„Aber wo sind denn deine Geschwister?“ schrie die Mutter erschrocken.