Lange lag er so da.
Er hörte, wie Vater und Mutter zu Bett gingen.[S. 142] Sie kamen auf den Zehen durchs Eßzimmer. Vater blieb auf der Türschwelle stehen, aber Mutter kam bis an sein Bett heran und beugte sich über ihn. Er lag mit geschlossenen Augen da.
„Er schläft,“ flüsterte sie dem Vater zu.
Dann schlich sie zurück und nahm das Vogelbauer und die Pelargonie; doch da blickte er mit zornigen Augen auf:
„Du hast mir doch versprochen, daß sie hier drin bleiben dürften.“
„Ja, ja, ja, mein lieber Junge. Aber du hast doch gehört, daß der Doktor haben will, daß sie hinauskommen.“
Doch er gab nicht nach: „Du hast mir versprochen, daß sie hier drin bleiben sollen.“
„Laß sie nur stehen,“ fiel der Vater ein. „Es kann ihm nichts schaden.“
Dann nickten sie ihm zu, sagten, nun solle er versuchen, zu schlafen, und gingen fort. Er hörte sie noch eine Weile in der Schlafkammer rumoren. Der Lichtstreif fiel über den Fußboden des Eßzimmers bis zu seiner Tür. Bald darauf löschten sie die Lampe aus. Der Lichtstreifen verschwand, und es wurde ganz still.
Da auf einmal hörte der Junge eine Stimme sagen:
„Wenn ich nur die Nacht überlebe... wenn ich nur die Nacht überlebe.“
Der Junge hob den Kopf vom Kissen empor[S. 143] und lauschte, hörte aber nichts mehr. Mit großer Mühe richtete er sich auf seinem Ellbogen auf und blickte um sich.
Die Stube war leer.
Dort stand der Kanarienvogel, und neben ihm stand die Pelargonie. Dort hing die Photographie, auf der Vater und Mutter und er selber abgebildet waren... dort auf der Kommode lag das englische Lesebuch... und das Geschichts- und das Geographiebuch... und der Flitzbogen und die Trompete.
Es war niemand da. Und doch war er felsenfest davon überzeugt, daß er jemand hatte sprechen hören. Dann legte er sich wieder hin, weil er sich nicht aufrechthalten konnte, und lag ein Weilchen mit geschlossenen Augen da. Und dann sagte die Stimme wieder: