Es war ein wundervolles, gesegnetes Jahr.
Sonnenschein und Regen wechselten gerade so, wie es am besten für das Getreide ist. Dauerte dem Bauer das trockne Wetter zu lange, so konnte man sicher sein, daß es schon am folgenden Tage regnete. Und meinte er, nun habe es genug geregnet, so teilten sich auch schon die Wolken; war es doch wirklich, als wenn er zu kommandieren hätte!
Darum war er guter Laune und klagte nicht[S. 127] wie sonst immer. Munter und vergnügt ging er mit seinen beiden Jungen durch die Felder.
„Die Ernte wird diesmal prächtig ausfallen,“ sagte er. „Die Scheunen bekomme ich voll und werd’ ein gutes Stück Geld verdienen. Dann kauf’ ich neue Hosen für Jens und Ole, und auf den Jahrmarkt nehme ich euch auch mit.“
„Wenn du mich nicht bald mähst, Bauer, so leg’ ich mich,“ brummte der Roggen, und seine schweren Ähren neigten sich zur Erde.
Das konnte der Bauer nun freilich nicht hören; aber ansehen konnte er dem Roggen, was er auf dem Herzen hatte; darum ging er nach Hause und holte seine Sense. — —
„Man hat es gut im Dienste der Menschen,“ sagte der Roggen. „Ich kann wenigstens immer sicher sein, daß ich alle meine Körner an den Mann bringe. Die meisten kommen in die Mühle, was ja allerdings nicht so angenehm ist. Aber dann wird schönes, frisches Brot daraus. Man muß ja schon etwas aushalten, der Ehre wegen. Das übrige bewahrt der Bauer auf als Saat fürs nächste Jahr.“
Neben dem Getreide, an der Hecke und am Grabenrand, stand das Unkraut. Distel und Klette, Mohn, Glockenblume und Löwenzahn wuchsen da in dichten Büscheln und trugen alle reichlich Samen. Auch für sie war es ein gutes Jahr gewesen, denn Sonne und Regen fallen ebensogut aus das armselige Unkraut wie auf das vornehme Getreide.
„Uns mäht keiner, und keiner fährt uns in die Scheune,“ sagte der Löwenzahn und schüttelte den Kopf, aber ganz vorsichtig, damit die Samen nicht zu zeitig herausfallen sollten. „Was soll nur aus allen unseren Kindern werden?“
„Mir wird ganz schlimm zumute, wenn ich daran denke,“ seufzte der Mohn. „Hier steh’ ich mit vielen hundert Samen und weiß nicht, wohin damit.“
„Wir wollen den Roggen um Rat fragen!“ schlug die Klette vor.