„Sie sollten sie heut nacht nicht aufwecken! Junge Damen sind so geschwätzig; und wenn der Hund oder der Zweifüßler Ihre Flucht entdeckten, dann wäre es aus mit uns. Sie würden sofort gebraten werden, und ich bekäme natürlich auch Unannehmlichkeiten.“
„Das ist wahr!“ sagte das Gänschen. „Aber wollen Sie mir versprechen, meine Schwestern ein andermal nachzuholen?“
„Ich gebe Ihnen mein Wort darauf, daß ich von nun an jede Nacht eine der Jungfrauen holen werde, bis sie alle erlöst sind,“ gelobte der Fuchs. „Soweit es in meiner Macht steht. Natürlich können mir Hindernisse in den Weg treten.“
„Wie freundlich Sie sind! Und ich hatte gedacht, die wilden Tiere wären schlimme Ungeheuer. Das ist mir immer erzählt worden. Man hat mir gesagt, vor allem solle ich mich davor hüten, in den Wald zu laufen; dort könne ich das Ärgste erleben.“
„Lauter Verleumdungen! Die Tiere des Waldes sind Engel. Noch nie habe ich gehört, daß sie[S. 78] jemanden gebraten hätten. Aber kommen Sie, eh’ man uns hört.“
„Nun komme ich,“ sagte das Gänschen.
Es watschelte zu dem Loch hinaus, und sofort bohrten sich die Zähne des Fuchses in seinen Hals; es hatte eben noch Zeit zu schreien, dann war es fertig. Wie der Blitz aber war Treu da. Der Fuchs ließ das Gänschen los und biß um sich, so gut er konnte. Er war jedoch der Schwächere, und Treu gab keinen Pardon. Erst als der Räuber tot auf dem Platze lag, entfernte Treu sich zufrieden.
Inzwischen saßen die Tiere auf der Wiese und warteten.
„Der Fuchs hat uns zum besten gehalten!“ brummte der Hirsch.
„Der Zweifüßler hat ihn natürlich gefangen und in seine Dienste genommen,“ meinte die Nachtigall.
Erst gegen Morgen kam ganz atemlos der Sperling herbei.
„Der Fuchs ist tot!“ schrie er. „Er liegt auf der Anhöhe vor dem Hause des Zweifüßlers. Ich hab’ ihn selber gesehen. Und neben ihm liegt eine tote Gans.“
„Der Fuchs hat seine persönlichen Zwecke verfolgt,“ sagte die Löwin. „Auf der Jagd ist er gefallen. Wir können uns auf niemanden mehr verlassen.“
Damit ging sie langsam, mit gesenktem Kopfe, nach Hause.