Reymund und Melusina saßen bei Tische und nahmen eine fröhliche Mahlzeit in schöner Häuslichkeit und Freundlichkeit zu sich, als ein Bote mit verwirrten Mienen und thränenden Augen zu ihnen hereintrat, und ihnen sagte, er habe eine erschreckliche Neuigkeit zu sagen, wolle sie aber nicht gerne vorbringen. Reymund sagte: er solle sie sagen, denn er habe sich nun schon in Gottes Namen auf etwas Betrübtes gefaßt gemacht; so sprach auch Melusina, denn sie wußten noch nicht, was vorgefallen war. Drauf sagte der Bote: so muß ich Euch nur Meldung thun, daß eins von Euren Kindern nicht mehr am Leben. So segne ihn der Herr, antwortete Reymund, doch welcher von meinen Kindern ist es? Der Bote sagte: es ist Freymund. Reymund war sehr betrübt, doch sprach er weiter: Gott hat ihn zu sich genommen; doch ist er selig gestorben, sind ihm alle christlichen Rechte widerfahren? Der Bote antwortete: Nein, er konnte kein christliches Recht bekommen, denn er ist mit allen andern Mönchen im Kloster zu Malliers verbrannt worden.
Darüber entsetzte sich Reymund und rief aus: Bote, nimm Dich in Acht, daß Du keine Lügen vorbringst, denn dergleichen sollte Dir übel gelohnt werden; wer hat sich unterstehn dürfen, ihn und das Kloster zu verbrennen?
Der Bote sagte demüthig: gnädiger Herr, es sei ferne von mir, daß ich mit Lügen umgehn sollte, dergleichen habe ich in meinem ganzen Leben nicht gethan, und werde nun nicht mit Euch den Anfang machen. Nein, Geoffroy mit dem Zahn hat in seiner Bosheit das Kloster sammt allen Mönchen verbrannt, dazu seinen leiblichen Bruder, weil er erzürnt gewesen, daß er ein Mönch geworden und geglaubt, der Abt und die Mönche hätten ihn mit List dazu überredet. Hierauf erzählte er den ganzen Vorgang, was Geoffroy gesprochen und was ihm der Abt erwiedert, und wie der Geoffroy sich nicht daran gekehrt, sondern in seinem Zorn das ganze Kloster sammt allen Mönchen verbrannt habe.
Da entsetzte sich Reymund recht in seinem innersten Herzen, wurde auch voll Grimms und im ganzen Gemüthe bewegt, deshalb stieg er plötzlich zu Pferde, um selbst nach der Brandstelle des Klosters Malliers hinzureiten. Unterwegs hörte er von allen Leuten ein großes Klagen über den Geoffroy, daß er das schöne Kloster also verderbt habe, sammt allen Mönchen. Er kam selber an den Ort, wo das herrliche Gebäude gestanden hatte, und sah nun die betrübten rauchenden Trümmern vor sich. Er wurde hierauf sehr zornig und schwur, daß, wenn er den Geoffroy habhaft werden könne, er ihn auch eines gewaltsamen Todes wolle sterben lassen. So ritt er wieder im allerheftigsten Zorne nach seinem Hause zurück.
Er stieg vom Pferde ab, ging in seine Kammer, schloß sich ein, setzte sich in höchster Betrübniß nieder, seufzte, weinte und klagte:
Ach Gott! so hat Geoffroy im bösen Muthe
Den eignen Bruder Freymund umgebracht,
Der wollte Mönch sein, dienen Gott, der Gute,
Doch starb er bald, und ruht in schwarzer Nacht.