Indessen war Geoffroy mit dem Zahn nach dem Lande geritten, wo man ihm gesagt hatte, daß sich der große Riese aufhielte und seinen Unfug triebe. Er ritt hin und her und fragte die Leute nach der Wohnung des Riesen, weil er gekommen sei, ihn umzubringen. Die Leute sagten: das wolle Gott, Herr Ritter, daß ihr dieses in’s Werk setzt, denn er ist ein ungeschlachter Mann und fügt uns so viel Leides zu, daß es nicht zu sagen ist; worauf sie ihm auch das Schloß des Bösewichts zeigten. Geoffroy kam hierauf an einen steilen Berg, auf welchem ein festes Schloß lag, in welchem der Riese seinen Aufenthalt hatte. Hier stieg Geoffroy von seinem Rosse ab, legte den Harnisch an, hängte den stählernen Streitkolben an seinen Sattelbogen, gürtete das Schwert um sich, nahm die Lanze in seine Hand, hielt seinen schönen mit Gold ausgezierten Schild vor sich, setzte den Helm auf und stieg wieder zu Pferde, worauf er gegen das Schloß ritt und den Riesen mit kühner und lauter Stimme ausfoderte, indem er sprach: wo bist Du nun, Bösewicht, der mir mein Land verdirbt, und den Meinigen so großen Schaden zufügt? komm nur schnell heraus, damit ich Dir den Garaus mache. Der Riese war oben im Schloß und fuhr mit seinem Kopfe heraus, welcher so groß wie ein Ochsenhaupt war, um zu schauen, wer da sei, der ihn so kühnlich ausfodre. Er erstaunte, als er nur einen einzigen Mann gewahr wurde, und däuchte ihm, es sei kaum der Mühe werth, ein Gefecht mit ihm anzufangen; doch zog er seinen Harnisch an, trat vor das Schloß heraus, und brachte einen stählernen Schild mit sich, und drei eiserne Stangen, und drei Hämmer in seinem Busen.
Als der Riese hervor kam, sah Geoffroy, daß er wohl bei funfzehn Schuh lang war, worüber er sehr erstaunte, aber dennoch den Muth nicht verlor, sondern jenen mit erschrecklicher Stimme anschrie. Der Riese aber sprach: Wer, und von wannen bist Du? Worauf Geoffroy ausrief: ich bin Geoffroy mit dem Zahn, wehre Dich, denn Du sollst allhier Dein Leben lassen. Der Riese sagte: kleines Kerlein, mich jammert Deiner, geh nach Hause, Du scheinst mir ein guter junger Mensch, aus dem mit der Zeit wohl noch etwas werden kann. Gehst Du aber nicht, so schlage ich Dich mit einem einzigen Streich zu Tode, Geoffroy aber achtete nicht darauf, sondern schrie immer fort: wehre Dich, Hollunke, wenn Dir Dein Leben lieb ist! Zugleich ritt er zurück, um Feld zu gewinnen, legte seine Lanze ein, und rannte mit solcher Gewalt auf den Riesen, daß dieser von diesem einzigen Stoße zur Erden niederfiel. Die Erde bebte unter dem gewaltigen Fall des Riesen, aber er stand schnell wieder auf, und war sehr erbost, daß ihn ein einziger Stoß eines Ritters dermaßen hatte umwerfen können, er nahm daher seine stählerne Stange und schlug gegen Geoffroy, der schon das zweite Rennen gegen ihn vornahm, womit er dessen Pferd traf, und ihm beide Vorderbeine abhieb. Das Pferd fiel zu Boden, und Geoffroy sprang plötzlich aus dem Sattel, zuckte sein Schwert, lief den Riesen an, und gab ihm einen so harten Schlag, daß dieser seinen Schild aus der Hand fallen ließ. Hierauf nahm der Riese die stählerne Stange und schlug so auf den Geoffroy ein, daß dieser vom Schall des Schlages ganz betäubt wurde, er erholte sich aber schnell, nahm den Streitkolben vom Sattelbogen und schlug damit dem Riesen die Stange aus der Hand. Da ergriff der Riese einen von seinen Hämmern, und schmiß ihn so mächtig nach Geoffroy, daß dieser den Streitkolben auch mußte fallen lassen. Der Riese bückte sich nach dem Kolben, aber Geoffroy nahm sein Schwert wieder zur Hand und hieb damit dem Riesen einen Arm von Leibe herunter: darüber erschrak der Riese und faßte seine Stange mit der andern Hand und schlug nach Geoffroy, der aber sprang diesem Schlage behende aus dem Wege, der Riese fiel wieder auf die Knie und Geoffroy gab ihm nun einen solchen Hieb auf das Bein, daß er völlig zu Boden stürzte, entsetzlich schrie und seine heidnischen Götter um Hülfe anrief. Nun blieb dem tapfern Ritter nichts weiter übrig, als ihm den Kopf nur völlig herunterzuhauen, welches er auch in aller Schnelligkeit that, und so über den ungeheuren Mann den Sieg davon getragen hatte.
Geoffroy nahm hierauf das Horn des Riesen und blies so lange darein, bis sich viele Leute aus den umliegenden Gegenden versammelten, die sich alle entsetzten, daß er den großen Heiden mit seiner Kraft hatte umbringen können. Bald breitete sich im ganzen Lande und auch in den andern Reichen die Nachricht aus, wie Geoffroy den Riesen bezwungen habe; er aber schickte einen Boten zu seinen Eltern, der auch diesen die erfreuliche Nachricht bringen mußte.
Weil die Rede von seinem Siege schnell weit herum gekommen war, so gelangten Boten aus dem entfernten Lande Norhemen an Geoffroy, die ihn im Namen der dortigen Landesherren demüthig ersuchten, zu ihnen zu kommen, und ebenfalls einen ungeheuren Riesen umzubringen, von dem sie so sehr geplagt würden, daß sie sich nicht zu lassen wüßten; wenn er ihn mit Gottes Hülfe bezwänge, so wollten sie ihn auch gern für ihren Oberherrn erkennen, und ihm das ganze Land übergeben. Geoffroy antwortete: er wolle kommen und den Riesen umbringen, nicht aber um Land und Leute zu gewinnen, sondern er thue dieses nur aus Barmherzigkeit, und weil er es für seine Pflicht halte, alle Riesen umzubringen, so weit er sie nur erreichen möchte. So rüstete er sich, um zu Schiffe nach dem Lande Norhemen zu fahren, voll von hohem Muth und feuriger Begier, Wittwen und Waisen zu beschützen, allen Unterdrückten beizustehn, und alle Unglaubigen vom Angesichte der Erde zu vertilgen, so daß alle über seinen hohen Eifer und treffliche Vorsätze in Verwunderung geriethen.