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Ein modernes Mädchenbuch:Tante Jola.
日期:2024-01-30 14:06  点击:249
Die Tante ging im Zimmer herum, übersah den gedeckten Tisch, ordnete die Blumen. Draußen war es so froh und sonnig. Nicht schwül, nur so ein Maitag des Lebens.
 
Else sah der Tante zu. Wie sie milde und sanft in jeder ihrer Bewegungen war! Und ihr Gesicht, so liebend gütig.
 
Else dachte nach. Tante war doch schon viele Jahre verheiratet und noch immer glücklich.
 
Das Nichtchen legte den Finger an den Mund, als wollte sie es nicht verraten und machte dabei ein verschmitztes Gassenjungengesicht: etsch! ihr glaubt, weil ich ein Backfisch bin, bemerk ich nicht, daß die meisten Ehen unglücklich sind.
 
[S. 68]
 
Tante Jola aber machte ihr stilles, liebenswürdiges Gesicht und als sie jetzt so freundlich nach Else blickte, konnte diese sich nicht enthalten zu fragen.
 
Erst sondierte sie die Tante. Wird sie böse sein, oder ihr statt einer Antwort eine gute Lehre geben? Denn das konnte sie so nicht leiden. Sie wollte über manches klar werden, aber stets schickte es sich nicht, dies zu wissen. Dann blieben immer nur die Dienstmädchen zum Ausfragen über. Die sagten aber alles brutal. Und sie meinte, wenn ihr dasselbe, was sie zu fragen hatte, von Tante beantwortet würde, so müßte es so fein und zart sein, wie ihre Haut, ihr Gang, ihr ganzes Benehmen.
 
„Tante Jola?“ begann sie zaghaft.
 
„Nun Else?“
 
„Aber ich bitte dich, sei lieb und kläre mich auf. Du bist so gut, du wirst mich nicht ausmachen.“
 
„Was ist’s denn?“
 
„Liebe, liebe Tante,“ sprach jene ganz leise flüsternd: „ich weiß, daß du glücklich verheiratet[S. 69] bist und onkel auch.“
 
Die Tante lächelte: „Ist das so schlimm?“
 
„Nein, Tante, aber... aber, ich wollte damit sagen, daß die meisten anderen Ehepaare, die ich sah,... es nicht sind.“
 
Die Tante wurde ernst und nachdenklich.
 
„Bitte, sag mir, wie ihr es macht, daß ihr so glücklich seid!... Daß du ihn so glücklich machst!“
 
Die Tante sah Else in die Augen: „Du kleine Psychologin, das letzte Wort merke dir für dein zukünftiges Weibsdasein. Es ist der Frau möglich, ihren Gatten glücklich zu machen. Sie muß nur ein bißchen die Augen offen halten und guten Willen haben.“
 
Danach dachte sie wie traumversunken nach und sagte endlich: „Nur daß wir zwei eine gute Ehe sind, das danke ich eigentlich meiner guten, klugen Mutter.
 
Schau dir einmal deine Freundinnen an. Sind nicht gerade jene, die nicht oberflächlich sind, voll seltsamer Träume über den künftigen Gatten? Scheint er ihnen nicht wie ein Ideal,[S. 70] das aus dem Himmel zu ihnen niedersteigt? Wenn sie sich mit diesen schönen Träumen in stillen Stunden begnügten! — aber sie wollen diesen Wolkengott heiraten, täglich mit ihm zusammen sein, die Alltagssorgen und Kleinlichkeiten, die das Leben mit sich bringt, mit ihm teilen.
 
Das sieht so anders aus, als das Erträumte. Nachher werden sie mürrisch, unzufrieden und kommt erst dies, dann ist es des immer Schlimmeren kein Ende.
 
Meine liebe Mutter hatte mich aber irdisch erzogen, sie gab mir Sinn, das Leben zu nehmen wie es ist und schön zu finden, was einmal so sein muß. Ich habe mir keine Idealmänner erdichtet, sondern Charaktere herauszufinden gewußt. Und glaube mir, der beste von allen war mein Gatte,“ sagte sie warm.
 
Else dachte nach.
 
Die Tante nahm aber die Nichte beim Kopf und sah ihr in die träumerischen Augen: „so mußt du es auch machen, Else! Dann wirst du einst glücklich werden und selbst beglücken.“
 
[S. 71]
 
Der Kleinen wurde wirr und flimmernd um die Augen.
 
„Wenn man aber träumen muß, Tante Jola, und das Leben nicht sehen will,“ sagte sie flüsternd.
 
„Armes Kind!“
 
„Wenn man nichts wünscht vom Leben, als einen einzigen schönen Traum, so schön, wie alle Träume zusammen, die je geträumt wurden..“
 
Stimmlos leise klang es zurück: „Armes reiches Kind!“ 

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